Handball-WM Gensheimer zwischen Trauer und Titel-Traum

Rouen · Nach dem Tod seines Vaters ist Kapitän Uwe Gensheimer rechtzeitig vor dem WM-Beginn zur deutschen Mannschaft gestoßen. In seiner sportlichen Wahlheimat Frankreich will Gensheimer sein Team zum Triumph führen.

 Uwe Gensheimer ist rechtzeitig zu Beginn der WM zur Mannschaft gestoßen.

Uwe Gensheimer ist rechtzeitig zu Beginn der WM zur Mannschaft gestoßen.

Foto: dpa, hpl

Uwe Gensheimer hat einen Traum. "Das Größte wäre natürlich, den Titel zu holen und an die Erfolge anzuknüpfen, die wir 2016 hatten", sagte der Kapitän der deutschen Handballer Anfang des Jahres im SID-Interview. Dann starb sein Vater. Doch der Gedanke an einen möglichen Triumph am 29. Januar treibt Gensheimer an. Nach Tagen bei seiner Familie kehrte der Weltklasse-Linksaußen Gensheimer pünktlich zum Turnier-Auftakt zurück. WM-Titel in seiner Wahlheimat Paris - mehr Motivation geht nicht.

Gensheimer steht in den kommenden Wochen allerdings vor einem schwierigen Spagat. Mit seinen Gedanken bei seinen engsten Vertrauten und dem am vergangenen Wochenende unerwartet verstorbenen Vater, soll er das deutsche Team in Frankreich zum Erfolg führen. Und als wenn diese sportliche Mission nicht schon schwierig genug wäre, wird er in der kommenden Woche zur Beerdigung noch einmal nach Deutschland fahren. "Ich hoffe, dass er sich einigermaßen auf das Turnier konzentrieren kann", sagte Bundestrainer Dagur Sigurdsson.

Wie sehr die international noch recht unerfahrene deutsche Mannschaft ihren Kapitän tatsächlich braucht und schätzt, war schon am Donnerstagabend spürbar. Die Bad Boys bereiteten ihrem Linksaußen einen herzlichen Empfang, als der nach seinem privaten Schicksalsschlag mit einem Tag Verspätung und keine 24 Stunden vor dem Auftaktspiel gegen Ungarn im deutschen Lager in der Normandie eintraf.

Trotz der schwierigen Ausgangssituation könnte die WM in Frankreich das Turnier des Uwe Gensheimer werden. Beim EM-Triumph von Polen wegen einer Fußverletzung nicht dabei, brennt der "Mann mit dem Gummiarm", wie Gensheimer aufgrund seines schier unerschöpflichen Wurf-Repertoires genannt wird, auf die Spiele an der Seine. "Wir gehören zur Weltspitze. Das heißt für mich Halbfinale. Da wollen wir alle hin", sagte Gensheimer.

Der Titelgewinn in Frankreich wäre für den 30-Jährigen die Krönung seiner sportlichen Karriere. Bei den Rhein-Neckar Löwen reifte Gensheimer im vergangenen Jahrzehnt vom hoffnungsvollen Talent zum unumstrittenen Superstar der Branche, wurde in dieser Zeit viermal zu Deutschlands Handballer des Jahres (2011, 2012, 2013 und 2014) gewählt. Im Sommer folgte nach 13 Jahren und der ersten Löwen-Meisterschaft fast folgerichtig der Wechsel zu Paris St. Germain.

Und auch im Starensemble des französischen Hauptstadtklubs avancierte Gensheimer auf Anhieb zum Leistungsträger, erzielte in Liga und Champions League im bisherigen Saisonverlauf sogar deutlich mehr Treffer als seine prominenten Teamkollegen Mikkel Hansen und Nikola Karabatic. "Ich habe den Wechsel zu keinem Zeitpunkt bereut", sagte Gensheimer in der aktuellen Ausgabe der Handballwoche.

Auch abseits des Spielfeldes hat sich der Mannheimer mit Ehefrau Sandra und Sohn Matti in der Millionen-Metropole gut eingelebt. "Ich kann mit dem Fahrrad zum Training fahren. Das ist genial angesichts des Verkehrs in Paris", sagte Gensheimer.

In den nächsten zwei Wochen gilt die Konzentration Gensheimers aber erstmal der Nationalmannschaft. Trotz des Trauerfalls entschied er sich bewusst für die Teilnahme an der WM. "Das hätte mein Vater so gewollt", sagte Gensheimer und bat gleichzeitig "um Verständnis, dass ich mich hierzu während der WM nicht weiter äußern werde."

(sid)
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