Freispruch nach verpassten Dopingtests Kraus darf weiter Handball spielen

Düsseldorf · Michael Kraus kann aufatmen. Eine längere Sperre hätte der wechselvollen Karriere des Handballprofis wohl den entscheidenden Knick verpasst. Weil eine Türklingel mutmaßlich defekt war und er dadurch entlastet wurde, kann der 30-Jährige seinen Beruf beim Bundesligisten FA Göppingen weiter ausüben.

Handball-Profi Michael Kraus vor Sitzung der Anti-Doping-Kommission
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Foto: dpa, chc jai

Der Klub hatte nach der Suspendierung des Rückraumspielers, der offenbar mit der finanziellen Beteiligung an einer Spedition nicht erfolgreich war, am 21. Juli die Gehaltszahlungen eingestellt. Nun könnte Kraus bereits heute im Punktspiel bei der TSG Friesenheim wieder eingesetzt werden. Auch weitere Spiele im Nationalteam, in das er nach einer dreijährigen Pause zurückgekehrt war, sind denkbar, sofern der neue Bundestrainer Dagur Sigurdsson auf ihn zählt.

"Beim Kontrollversäumnis am 20. November 2013 ist Michael Kraus kein Verschulden nachzuweisen. Damit gibt es keine Grundlage für eine Sperre", erklärte die ehemalige Junioren-Nationalspielerin Anja Matthies. Die Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei ist Vizepräsidentin Recht des Deutschen Handballbundes (DHB) und Vorsitzende der fünfköpfigen Anti-Doping-Kommission, deren Urteil einstimmig war. Es wäre die dritte verpasste Dopingkontrolle — sogenannte Strikes — innerhalb von 18 Monaten gewesen und hätte eine zweijährige Sperre bedeuten können.

Bei der Verhandlung in einem Hamburger Hotel hatten Kraus und seine schwangere Freundin Isabel ausgesagt, das Schellen nicht gehört zu haben. Auch der Kontrolleur konnte nicht bestätigen, dass die Haustürklingel tatsächlich geläutet hatte. Zugunsten von Kraus wertete die Anti-Doping-Kommission auch, dass an dem Neubau zahlreiche Installationsarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Somit hatte Kraus "nur" zwei Termine versäumt — und er musste freigesprochen werden. Lars Mortsiefer, Chef-Justiziar der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada), war in Hamburg als Beobachter. Er erzählte, Kraus sei 24 Mal seit 2008 getestet worden. Darunter waren zwei Blutkontrollen. Stets lautete das Ergebnis: negativ. Ob die Nada das Urteil anficht, ist noch ungewiss.

Bei der WM 2007 war Kraus wie aus dem Nichts ins Rampenlicht getreten. Bald hatte er den Ruf des schlampigen Genies. Der ehemalige "Bravo Boy" sorgte oft abseits der Spielfläche für Schlagzeilen. Der damalige Bundestrainer Heiner Brand warf ihm vor, sein Talent zu verschleudern. Spontan, unberechenbar — Qualitäten, die ihn als Sportler auszeichneten, warfen den Privatmenschen immer wieder zurück.

Als Mitglied des A-Kaders zählt der torgefährliche Spielgestalter zum Testpool der Nada und muss vor Beginn eines Quartals zum jeweils 25. des Monats Angaben über Aufenthaltsort und Erreichbarkeit in das Anti-Doping Administrations & Management System (Adams) eingeben. Ist der Athlet am angegebenen Ort nicht anzutreffen und auch nicht telefonisch zu erreichen, kann dies als Meldepflicht- und Kontrollversäumnis gelten. Im Gespräch ist, den Zeitraum für die drei verpassten Kontrollen von 18 auf zwölf Monate zu reduzieren.

(RP)
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