THW-Desaster Kiel droht ungemütliches Weihnachten

Das Final Four ist verpasst, die erfolgreiche Verteidigung des deutschen Meistertitels in höchster Gefahr - von einer besinnlichen Vorweihnachtszeit kann beim deutschen Rekordmeister THW Kiel keine Rede sein.

THW Kiel verliert Viertelfinale gegen SG Flensburg-Handewitt
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Kiel verliert Viertelfinale gegen Flensburg

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Foto: dpa, ahe hak

Genervt, geschlagen und am Ende sogar gedemütigt: Mit gesenkten Köpfen und hängenden Schultern schlurften die Stars des THW Kiel aus ihrem Wohnzimmer an der Ostsee. Fast unbeachtet, denn ihre Fans waren nach der 27:34 (15:18)-Pokalpleite im Landesderby gegen die SG Flensburg-Handewitt wie gelähmt - und damit auch unfähig zu pfeifen.

Mit der bislang höchsten Heimniederlage gegen den Erzrivalen endete an der Förde die besinnliche Vorweihnachtszeit, für frohe Weihnachten beim deutschen Rekordmeister können nur noch zwei Bundesliga-Punkte am 23. Dezember (18.30 Uhr/Sport1) gegen Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen sorgen.

Denn das Final Four am 30. April/1. Mai 2016 in Hamburg ist nun schon verpasst, auch der Meistertitel wäre bei einer erneuten Heimniederlage gegen den Spitzenreiter bei dann acht Punkten Rückstand praktisch unerreichbar. Doch daran konnte und wollte THW-Trainer Alfred Gislason noch gar nicht denken: "Wir hatten gegen Flensburg große Probleme und haben völlig verdient verloren."

Aus zum Teil unmöglichen Winkeln trafen die Außenangreifer der Gäste fast nach Belieben, weder die Deckung der Zebras noch der an diesem Abend indisponierte Torhüter Niklas Landin konnten diese Torflut stoppen.

Und da auch Flensburgs Topstar Holger Glandorf kaum zu halten war und neun Tore erzielte, lag die SG fast permanent in Front. Überdies musste bei den Platzherren Ex-Nationalspieler Dominik Klein in der zweiten Halbzeit das Spielfeld verletzungsbedingt vorzeitig verlassen. Am Donnerstag wurde bei dem Linksaußen eine Kreuzbandzerrung im linken Knie diagnostiziert.

Klein trifft das leere Tor nicht

Der Linksaußen steuerte an seinem 32. Geburtstag zwei Tore zum zwischenzeitlichen 12:12 (22.) bei, war aber auch an der kuriosesten Szene der Partie beteiligt.

Slapstick! Klein trifft nur den Pfosten.

Bei einem Tempogegenstoß traf Klein das leere Tor nicht, weil er verwirrt den Angriff abbrach. Flensburgs Keeper Mattias Andersson hatte beim Versuch den THW-Gegenstoß zu unterbinden seinen Torraum verlassen. Um eine Rote Karte zu vermeiden lief er an Klein vorbei, der von dieser Aktion scheinbar völlig überrumpelt wurde. Mit Blick auf den Schiedsrichter warf Klein den in Richung gegnerisches Tor - und traf nur den Pfosten. Teamkollege Niclas Ekberg reagierte am schnellsten und verwandelte den Abpraller zum 13:15 (28.).

Eine wirkliche Erklärung für das THW-Desaster hatte auch Thorsten Storm nicht parat. "Natürlich ist unser Leistungsvermögen ein Anderes, diesmal konnten wir unsere Fähigkeiten einfach nicht auf die Platte bringen", analysierte der Geschäftsführer der Zebras sichtlich enttäuscht.

Da könnte dem 51-Jährigen die dem Bundesliga-Nachbarn HSV Hamburg drohende Zahlungsunfähigkeit neue Transferchancen eröffnen. Offiziell bedauerte Storm zwar die massiven wirtschaftlichen Probleme an der Elbe, doch ein gezielter Griff in die Insolvenzmasse der Hanseaten liegt durchaus nahe. Denn schon bei der ersten großen Finanzkrise des HSV im Sommer 2014 hatte man beim THW die Fühler nach Keeper Johannes Bitter ausgestreckt - seinerzeit noch vergeblich.

Wie entscheidend für den Erfolg einer Handball-Mannschaft die Torwartleistung sein kann, wurde den Kielern im 86. Landesderby geradezu drastisch vor Augen geführt. Flensburgs Schlussmann Mattias Andersson wehrte 18 Würfe ab und war damit der Vater des Prestige-Triumphes. "Ein solcher Sieg in Kiel ist einfach überragend, und Mattias hat einen großen Anteil daran", sagte SG-Coach Ljubomir Vranjes.

(sid)
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