"Jetzt wollen wir alles" Deutsche Handballer nehmen WM-Medaille ins Visier

Der Traum der deutschen Handballer vom Wüstenmärchen in Katar nimmt immer schärfere Konturen an. Im Viertelfinale wartet Gastgeber Katar.

 Die DHB-Spieler träumen von einem Jubeltanz mit Medaille um den Hals. Noch zwei Siege fehlen dazu.

Die DHB-Spieler träumen von einem Jubeltanz mit Medaille um den Hals. Noch zwei Siege fehlen dazu.

Foto: dpa

Abgebrühte Altstars gegen enthusiastische Youngster, hoch bezahlte Söldnertruppe gegen hungriges Wildcard-Team: Das Spiel, das es bei dieser WM eigentlich nie hätte geben dürfen, elektrisiert die Massen. Noch zwei Siege sind die deutschen Handballer von der ersehnten Medaille entfernt - und so schaltete das Team von Bundestrainer Dagur Sigurdsson vor dem WM-Viertelfinale gegen den katarischen Gastgeber in den Angriffsmodus.

"Wir wollen mehr. Jetzt wollen wir alles erreichen", sagte Teammanager Oliver Roggisch vor der Partie am Mittwoch (16.30 Uhr/Live-Ticker). Die Mannschaft werde dafür jedenfalls "alles tun". Und sie darf sich weiterhin über prominente Fans in der Heimat freuen. "Natürlich verfolge ich die WM", sagte Weltmeister-Trainer Joachim Löw: "Ich finde es klasse, wie sich die Mannschaft entwickelt hat. Sie präsentiert sich klasse." DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat seinem DHB-Amtskollegen Bernhard Bauer "vonseiten des Fußballs alles Glück gewünscht. Er hat es wirklich verdient, er ist in einer ganz schwierigen Phase Präsident geworden. Wir wünschen den Handballern alles Gute."

Nicht nur Roggisch ging am Tag nach dem beeindruckenden 23:16-Erfolg gegen Ägypten in die verbale Offensive. Auch Torhüter Carsten Lichtlein, der gegen die Nordafrikaner mit einer Fangquote von 56 Prozent erneut zum gefeierten Matchwinner avanciert war, hat Lunte gerochen. "Unser Ziel ist jetzt Rio 2016", sagte der Team-Oldie. Für einen der begehrten Plätze in einem der drei Olympia-Qualifikationsturniere muss das DHB-Team in Katar unter die besten Sieben kommen.

Coach Sigurdsson nutzte den freien Dienstag für ein intensives Videostudium. "Katar hat bei diesem Turnier gezeigt, dass sie gegen jede europäische Spitzenmannschaft mithalten können", so der Isländer. Sein Team müsse "alles auf die Platte bringen" und "einen kühlen Kopf bewahren". Vor allem die Chancenverwertung werde ein "wichtiger Faktor" sein.

Das mit zahlreichen internationalen Stars aufgemotzte Team der spanischen Trainer-Legende Valero Rivera besiegte in der Vorrunde den WM-Vierten Slowenien und bot Titelverteidiger Spanien einen heißen Fight (25:28). "Sie haben schon viel Erfahrung", sagte der 19 Jahre alte DHB-Shootingstar Paul Drux: "Aber wir haben auch viel Erfahrung, spielen alle Woche für Woche enge Spiele vor einer großen Kulisse in der Bundesliga. Das wird uns helfen."

Zumal die Multi-Kulti-Truppe Katars im Achtelfinale nur wenig überzeugte. Viele Beobachter monierten nach dem historischen Erfolg des Asienmeisters die Leistung der Schiedsrichter, die unterlegenen Österreicher witterten gar eine Verschwörung.

Sigurdsson lässt dieses Gerede kalt. "Da mache ich mir keinen Kopf drüber. Wir sind gut in Form, die Sonne scheint, und die Halle wird voll sein", sagte der 41-Jährige: "Unsere Stimmung ist gut." Die aufkommende Euphorie solle man jetzt "nicht wegnehmen".

Handball-WM: Deutschland nach Sieg gegen Ägypten im Viertelfinale
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Deutschland nach Sieg gegen Ägypten im Viertelfinale

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Neue Kraft für die heiße Turnier-Phase tankten Kapitän Uwe Gensheimer und Co. beim gemeinsamen Teamabend. Die Verbandsspitze lud Spieler sowie Trainer- und Betreuerteam zum Libanesen ein. "Ich glaube aber nicht, dass wir damit den Hunger auf weitere Erfolge gestillt haben", sagte DHB-Vize Bob Hanning dem SID: "Die Zielsetzung muss jetzt lauten: Mindestens Platz sieben."

Der Traum von einer Medaille, so Hanning, sei erlaubt. "Wir haben immer gesagt, dass wir die Ballsport Nummer eins hinter dem Fußball sind. Dazu gehören nicht nur das Mundwerk, sondern auch die Taten. Die haben wir nun sprechen lassen", so der 46-Jährige mit einem Schuss Genugtuung in der Stimme.

Erfolgsgarant Lichtlein vergleicht die neu formierte Mannschaft bereits mit den Weltmeistern von 2007. "Damals war die Truppe ein bisschen reifer. Doch hier liegt unsere Chance in der Unbekümmertheit. Keiner hat mit uns gerechnet. Wir sind mit einer Wildcard hergekommen und können locker aufspielen", sagte Lichtlein. Genau darin könnte die große Chance liegen - auch gegen den Gastgeber.

(sid)
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