Hannover Hannover auf Abschiedstournee

Hannover · Für "96" geht es mit dem neuen Trainer Stendel nur noch um einen ordentlichen Abschied aus der Fußball-Bundesliga.

Daniel Stendel liebt Ordnung und Disziplin. Als die Profis von Hannover 96 unter der Woche nach dem Training in die Kabine schlurfen wollte, pfiff der Neu-Trainer seine Spieler zurück. Erst als alle Hütchen aufgesammelt und die Trainingstore weggetragen waren, ging es gemeinsam unter die Dusche. "Wir müssen als Einheit auftreten", sagte Stendel, Nachfolger des gescheiterten Hoffnungsträgers Thomas Schaaf, vor seinem Bundesliga-Debüt in Berlin gegen Hertha BSC (heute). Und diese Einheit will der bei den 96-Fans als Kämpfer in Erinnerung gebliebene ehemalige Profi auch auf dem Platz sehen. "Jeder muss den anderen unterstützen und diszipliniert spielen. Wir wollen agieren, egal ob mit oder ohne Ball", erklärte der Coach.

Für die restlichen sechs Bundesliga-Spiele hat Präsident Martin Kind Stendel auf die Trainerbank gesetzt. Der Aufstiegsheld der Mannschaft von 2002 wird Hannover nach 14 Jahren in der Eliteklasse in die 2. Bundesliga führen - obwohl er am wenigsten für den Absturz des Vereins kann.

Trotzdem will er seine Chance nutzen, sich einen Namen machen. "Ich habe keine Sekunde gezögert, den Job anzunehmen und habe mich auf die Aufgabe gefreut", sagte er bei seiner Vorstellung, "ich persönlich kann in dieser kurzen Zeit viel Erfahrung sammeln."

Gut möglich, dass Stendel quasi in Vorbereitung auf die 2. Liga die Niedersachsen ordentlich durchmischen wird. Unter der Woche ließ der vorherige Jugend-Coach die 96-Talente Niklas Feierabend (18), Noah-Joel Sarenren-Bazee (19), Can Tuna und Tim Dierßen (beide 20) bei den Profis mittrainieren. Flop-Einkäufen wie den Stürmern Hugo Almeida oder Adam Szalai, die den Klub nach dem Abstieg ohnehin verlassen werden, droht die Bank.

Angesichts von zehn Punkten Rückstand auf den Relegationsrang geht es für Hannover nur noch darum, sich anständig und in Würde aus der Liga zu verabschieden. An sein Team stellt Stendel - nach den vielen Enttäuschungen zuletzt - vor dem Auftritt in Berlin nur die Minimalanforderung. "Unsere Anhänger sollen erkennen, dass die Mannschaft gewillt ist, alles zu geben", sagte Stendel, der vierte 96-Trainer in den vergangenen zwölf Monaten. In der Disziplin Trainer-Verbrauch gehören die Niedersachsen zu den Top-Adressen in Deutschland.

Hannover will unbedingt aufrecht in die 2. Liga gehen. "Wir haben noch sechs Spiele, und somit sechs Mal die Möglichkeit, als Sieger vom Platz zu gehen", sagte Stendel, "natürlich müssen Leute vorangehen, aber ich erwarte von den Spielern, dass jeder Einzelne auf und neben dem Platz mehr Verantwortung übernimmt - für sich, für seine Leistung, aber auch für die Leistung der Mannschaft. Da ist jeder gefordert, mit Binde, ohne Binde, Mannschaftsrat oder nicht." Das sind Ansagen, die den Hannoveraner Fans noch geläufig sind vom vorletzten Trainerwechsel.

Nach der letzten Saisonpartie am 14. Mai wird Stendel wieder für das Nachwuchszentrum arbeiten. Kind arbeitet gemeinsam mit Geschäftsführer Martin Bader mit Hochdruck an der Nachfolgersuche. "Die Zeit, die wir brauchen, werden wir dafür in Anspruch nehmen", sagte Kind. Als mögliche Kandidaten gelten der ehemalige 96-Trainer Mirko Slomka, der noch in Hannover lebt, Klub-Legende Steven Cherundolo, der derzeit die U17 des Vereins betreut, Markus Kauczinski (hört im Sommer beim Karlsruher SC auf), Jos Luhukay (zuletzt Hertha BSC) und Kosta Runjaic (zuletzt 1. FC Kaiserslautern).

Das Viertelfinal-Hinspiel der Europaleague Dortmund - Liverpool war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

(sid)
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