Leichtathletik-WM Hoch hinaus in Peking

Peking · Stabhochspringerin Silke Spiegelburg gehört bei der Leichtathletik-WM zu den Medaillenkandidatinnen. Sie hat Nachholbedarf.

 Silke Spiegelburg will in Peking nach einer Medaille greifen.

Silke Spiegelburg will in Peking nach einer Medaille greifen.

Foto: dpa, shp hpl

Die Klimaanlage in ihrem Zimmer im ansonsten ansprechenden und mit vielen Sternen bewerteten Hotel "Beijing Conference Center" ist das größte Problem von Silke Spiegelburg. "Die hält mich auf Trab." Ohne "Air condition" geht es im heißen und schwülen Peking nicht. Und mit Klimaanlage ist es deutlich zu frisch in der Unterkunft der 29-Jährigen - trotz aller Versuche an den Reglern. Davon einmal abgesehen, ist sie vor der Stabhochsprung-Qualifikation bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in der chinesischen Hauptstadt die Ruhe selbst. "Ich habe alles, was ich brauche."

Das sind vor allem ihre Stäbe. Zehn hat sie im Gepäck. Und die sind auch der primäre Grund, warum die Stabhochspringer direkt nach Peking gekommen sind und nicht, wie die meisten anderen deutschen Athleten, zuerst ein paar Tage zur Akklimatisierung auf der südkoreanischen Insel Jeju zugebracht haben. Jeder zusätzliche Flug birgt das Risiko, dass mit den wertvollen Sportgeräten unterwegs etwas schiefgeht.

Ein Haarriss im Kahnbein hat Spiegelburg fast ein Jahr gekostet. Sie musste sich sogar einer Operation unterziehen. Erst im Januar hat sie zaghaft wieder angefangen zu springen. Seit April kann sie wieder ohne Einschränkungen trainieren. "In dieser Pause haben sich mein Körper und mein Kopf mal völlig regeneriert", sagt die Studentin, die im Juli ihre Bachelorarbeit in Gesundheitsökonomie an der Universität Köln abgegeben und im Herbst ihren Lebensmittelpunkt nach Stuttgart verlegt hat. "Im Kraftbereich und läuferisch bin ich schon weit. Auch technisch habe ich mich verbessert."

Trotzdem fehlen ihr viele Sprünge, insbesondere solche auf hohem Niveau in Wettkampfsituationen, um Sicherheit in die technischen Abläufe zu bekommen. Daher ist für sie 2015 eher ein "Test- und Durchgangsjahr" im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio - wenngleich die Form-Kurve nach oben zeigt: In Schanghai sprang sie 4,38 Meter, in Hengelo 4,55 Meter, in Zweibrücken 4,60 Meter und bei der Team-EM 4,75 Meter, nahe an ihrem deutschen Rekord (4,82 Meter).

Silke Spiegelburg zeigt sich vor der WM dennoch angriffslustig: "Ich habe noch ein paar Rechnungen offen", betont sie. Und spielt damit auf ihre diversen vierten Plätze bei internationalen Meisterschaften an. Die haben an ihr genagt. Manche Träne vergoss die Sportlerin dabei. "Ich habe mit einem Psychologen daran arbeiten müssen, das gebe ich offen zu", sagt sie.

Das "Vogelnest", das Nationalstadion in Peking, kennt Spiegelburg von den Olympischen Spielen 2008. Die WM am gleichen Ort ist ihr erster große Wettkampf nach ihrer langen Pause. Die Konkurrenz schätzt sie stark ein. "Mit 4,70 Metern kann man sich nichts kaufen", sagt sie. Spiegelburg steht auf Platz sieben der Weltrangliste. Der Unfall der Österreicherin Kira Grünberg, die bei einem Sprung verunglückte und nun querschnittsgelähmt ist, hat in der Leichtathletik für Bestürzung gesorgt. Spiegelburg möchte sich zu dem Thema nicht äußern.

Bis 2018 will sie auf alle Fälle weiter springen. In dem Jahr steht dann wieder eine EM auf dem Programm. In Berlin. Eine Stadt auf ihrer Liste der offenen Rechnungen. 2009 wurde sie dort WM-Vierte.

(RP)
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