Bayern empfängt Dortmund Wann ist ein Spitzenspiel ein Spitzenspiel?

München/Düsseldorf · Der Fußball wird zum Fall für Lehrer Bömmel aus der legendären "Feuerzangenbowle". Der hätte auf die Frage: "Was ist ein Spitzenspiel?", wahrscheinlich geantwortet: "Da stelle mer uns janz dumm und sagen so: Ein Spitzenspiel ist ein Spiel zwischen zwei Spitzenmannschaften. Spitzenmannschaften liegen in der Tabelle auf den vorderen Plätzen. Abstiegskampf kriegen mer später."

Bayern München gegen Borussia Dortmund: denkwürdige Duelle
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Denkwürdige Duelle zwischen Bayern und Dortmund

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Es könnte ganz einfach sein. Ist es aber nicht, zumindest nicht in dieser Phase der Bundesliga-Saison. Denn am zehnten Spieltag redet die Republik nicht etwa vom Spitzenspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und 1899 Hoffenheim (der Zweite gegen den Vierten), sondern vom Spitzenspiel Bayern München gegen Borussia Dortmund (18.30 Uhr/Live-Ticker). Dabei ist das die Begegnung zwischen dem Ersten und 15. der Rangliste. Verrückt?

Nur bedingt. Denn Dortmund ist neben den Bayern immer noch die zweite große Kraft im Land. Nicht allein die Umsatzzahlen machen aus der Begegnung heute Abend eine außerordentliche Partie. Die Bayern haben schließlich die Gelegenheit, den absonderlich schwach gestarteten Rivalen im Titelkampf für diese Saison abzuhängen. Die Dortmunder dagegen wollen den Münchnern mal wieder in deren Stadion zeigen, dass sie über die tauglichen Mittel verfügen, die vermeintlich unschlagbare Meistermannschaft richtig zu ärgern. Und das Tamtam, das beide Parteien im sogenannten Vorfeld veranstalten, passt herrlich zur Auffassung, dass hier Deutschlands wichtigstes Fußballspiel ausgetragen wird.

Die Bayern unterbreiten der Öffentlichkeit seit Wochen sehr gern ihren Plan, im nächsten Sommer Marco Reus zu verpflichten. Das wäre nach Mario Götze und Robert Lewandowski der dritte fußballerische Zauberkünstler, den sie dem BVB ausspannen. Das macht die eigene Mannschaft noch besser, den einstweilen früheren Konkurrenten eindeutig schwächer.

Deshalb gefällt es nicht jedem. In Dortmund schon gar nicht. Die Borussia soll sogar bereit sein, ihr internes Gehaltsgefüge zu sprengen, wenn Reus sich doch für eine Vertragsverlängerung entscheiden könnte. Das wiederum wäre dann wie in den späten 90er Jahren. Da reichte es, wenn die Bayern sich laut für Matthias Sammer oder Stefan Reuter interessierten, und Dortmund legte den Stars bereitwillig noch ein paar Geldscheine drauf. Dieses Wettrüsten verloren die Dortmunder. Sie rutschten nahe an die Insolvenz, und sie werden sich die Wiederholung derartiger Kraftakte deshalb dreimal überlegen.

Sollte Reus zu den Bayern gehen, bricht die Bundesliga aber endgültig in München und den Rest der Welt auseinander. Das soll sogar Uli Hoeneß in seinem Landsberger Gefängnis nicht gefallen. "Wollt ihr demnächst schon Weihnachten Meister sein?", habe er gefragt, heißt es. Lehrer Bömmel würde antworten: "Da stelle mehr uns janz dumm und sagen: Wenn Reus kommt, ja. Konkurrenzkampf kriegen mer später."

(RP)
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