Fußball, Tennis, Handball Katar kauft sich den Profisport

Düsseldorf/Katar · Schalke und Bayern trainieren am Golf, die Handballer spielen ihre WM, und der FC Barcelona ist Trikotpartner.

Fußball-EM 2024 in Deutschland: die Stadien und Spielorte
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EM 2024 - Stadien und Spielorte in Deutschland

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Foto: dpa/Alexander Hassenstein

Katar ist Ausrichter der Fußball-WM 2022. In der Hauptstadt Doha spielen gerade einige der besten Tenniscracks der Welt um eine Million Euro Preisgeld. Mitte des Monats tragen die Handballer ihre Weltmeisterschaft am Golf aus. Im Dezember ermittelten die Schwimmer hier ihre Kurzbahn-Weltmeister. Nächstes Jahr werden es die Turner tun. Diese Woche beziehen die beiden Bundesligisten Schalke 04 und Bayern München ihre luxuriösen Winter-Trainingslager am Golf. Katar hat den Weltsport fest im Griff.

Und Katar hat ein Problem. Ein Problem, von dem die Welt des großen Sports allerdings offenbar nichts wissen will. Auf den Baustellen für die Fußball-WM herrschen nach übereinstimmenden Meldungen von Menschenrechtlern unwürdige Zustände, es gab Todesfälle, und "Amnesty international" berichtet über Sklavenarbeit. Arbeitern seien die Pässe abgenommen worden, es würden Hungerlöhne gezahlt.

Der Aufschrei im Profisport blieb aus. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger ist einer der wenigen Großfunktionäre, der Stellung bezog. Er forderte dazu auf, Katar wegen der Menschenrechtsverletzungen die WM-Ausrichtung zu entziehen. Davon will die Fifa nichts wissen. Der Weltverband bekräftigte die Entscheidung für 2022, und er wies den Ausrichter verschämt darauf hin, künftig doch, bitte schön, die Menschenrechte zu achten. Präsident Sepp Blatter will eine Kommission damit beauftragen, die Lage auf den Baustellen in Katar zu beobachten. Aber mit Fifa-Kommissionen ist das so eine Sache, wie die Auseinandersetzung um die Veröffentlichung des Garcia-Berichts zu möglicher Korruption bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 (an Russland) und 2022 zeigt. Hier streitet die Fifa-Ethikkomission.

"Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar"

Der FC Bayern hat sich zu diesen weltpolitischen Fragen noch nicht eindeutig verhalten. Im vergangenen Herbst immerhin hatten den Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge noch leise Zweifel beschlichen, ob es in Anbetracht der Diskussionen um Katar angebracht sei, erneut zum Training in die hochmoderne "Aspire Academy for Sports Excellence" zu reisen. Vorsorglich hatte der deutsche Meister schon mal im benachbarten Dubai ein Quartier gebucht. Anfang Dezember jedoch entschieden die Bosse beim Meister: Der FC Bayern bereitet sich wie in den Vorjahren in Katar vor. Nun sagte Rummenigge: "Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar. Natürlich lesen wir auch, dass dort gewisse Dinge passieren, die uns hier in Deutschland allen nicht gefallen. Aber ich glaube, das ist eine Aufgabe der Politik und nicht die des Sports beziehungsweise des Fußballs."

Selbstverständlich sprach er nicht über die Rolle, die Trainer Pep Guardiola bei der Imagekampagne der Kataris spielte. Der Katalane war am Ende seiner Fußballerkarriere zwei Jahre Profi am Golf, er war am Trikotwerbedeal mit dem FC Barcelona maßgeblich beteiligt, für den die "Quatar Foundation" 170 Millionen Euro zahlte. Und er war WM-Botschafter der Kataris. Einen hohen einstelligen Euro-Betrag soll ihm das eingetragen haben, schrieb die Zeitung "France Football".

Rummenigge nannte sportliche Gründe für das Trainingslager. "Die sportliche Führung hat sich extrem dafür ausgesprochen, dort noch mal hinzugehen, weil es die besten Voraussetzungen gibt. Die Plätze sind wunderbar, das Klima ist perfekt", erklärte der Vorstandschef.

Der Winterfahrplan der Bundesligisten
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Foto: dpa, Peter Kneffel

Die Kollegen von Schalke 04 verweisen immerhin auf die wirtschaftliche Bedeutung ihres Abstechers nach Katar. Der Klub aus Gelsenkirchen ist "strategischer Partner" der "Aspire Academy", und sein Marketingvorstand Alexander Jobst betonte: "Mit dieser Partnerschaft im Land des WM-Ausrichters 2022 sehen wir unseren Klub bestens positioniert, um im Mittleren Osten durch unsere Präsenz für weitere internationale Unternehmen interessant zu sein." Derartige Gedanken bewegen natürlich auch die Bayern, die aus dem mittleren Osten bald in den fernen Osten aufbrechen wollen. Sie bemühen sich seit Jahren, auf den asiatischen Markt zu kommen. Es werde bereits über ein Trainingslager in China im kommenden Jahr verhandelt, heißt es.

Formel 1 vielleicht auch bald in Katar

Das sehen die Kataris selbstverständlich nicht so gern. Aber sie trösten sich mit der Tatsache, dass der Fußball längst nicht die einzige Sparte ist, in der sie den Aufstieg zur sportlichen Großmacht hinbekommen. Seit 1998 werden die Qatar Masters (internationales Golfturnier) im Doha Golf Club ausgetragen. In Doha gibt es einen Wüstenmarathon, eine Segelregatta, das Tennisturnier und zahlreiche Pferde- und Radsportveranstaltungen. Die "Aspire Academy" verfügt neben perfekten Trainingsplätzen über eine Halle für 15.000 Zuschauer, eine Eishalle und das Schwimmcenter. 720 Millionen Euro hat der Komplex gekostet. Möglicherweise fährt ab 2017 die Formel 1 in Katar, und ganz sicher gibt es 2019 die Leichtathletik-WM. Katar bekam den Zuschlag, nachdem es der Leichtathletik ein Sponsoringpaket in Höhe von 21,7 Millionen Euro geschnürt und das Versprechen abgegeben hatte, sportlichen Entwicklungsländern zehn Tartanbahnen zu stiften.

Die Frage, ob der Profisport käuflich ist, stellen sich nur böse Menschen. In Katar wird sie beantwortet.

(RP)
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