Doha Katar stoppt die deutschen Handballer

Doha · Das Team von Trainer Dagur Sigurdsson unterliegt im Viertelfinale gegen die Gastgeber mit 24:26.

Kapitän Uwe Gensheimer starrte fassungslos ins Leere, Youngster Paul Drux weinte hemmungslos, und Torhüter Silvio Heinevetter witterte eine Verschwörung: Nach dem geplatzten Medaillentraum bei der WM in Katar durch die 24:26 (14:18)-Viertelfinalniederlage gegen den Gastgeber mischten sich Enttäuschung über die eigene Leistung und Wut über die mazedonischen Schiedsrichter.

"Das kann man nicht in Worte fassen. Wir hatten eine riesige Möglichkeit, etwas ganz Großes zu erreichen. Wir haben unser schlechtestes Spiel bei dieser WM abgeliefert. Das ist bitter", sagte Gensheimer. Er konnte mit seinen fünf Treffern die erste Turnierniederlage im siebten Spiel nicht verhindern und scheiterte bei zwei Strafwürfen an Goran Stojanovic. Mit dem gebürtigen Montenegriner spielte er vor wenigen Monaten noch beim Erstligisten Rhein-Neckar Löwen.

Während Gensheimer sich äußerst selbstkritisch gab, fühlte sich der emotionale Heinevetter um den größten Erfolg der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) seit dem WM-Triumph vor acht Jahren im eigenen Land betrogen. "Heute können wir das Spiel nicht gewinnen. Wir sind immer noch Gäste hier im Land. Da muss ich aufpassen, was ich sage. Aber jeder, der das Spiel gesehen hat, weiß, was ich meine", sagte der Berliner.

Trainer Dagur Sigurdsson blieb gewohnt gelassen und räumte eine Teilschuld an der nicht erwarteten Niederlage ein. "Ich hätte früher auf eine 6:0-Abwehr umstellen müssen", sagte der Isländer. Für Coach und Mannschaft geht es nun darum, sich in den Platzierungsspielen ein Ticket für eines der drei Qualifikationsturniere für die Olympischen Spiele 2016 in Rio zu sichern. Erster Gegner ist morgen Kroatien. Um zumindest Platz sieben zu erreichen, bedarf es in Abwehr und Angriff einer Leistungssteigerung. Die Deckung bekam vor der Pause Kreisläufer Borja Vidal nie in den Griff, in der zweiten Halbzeit machte Rafael Capote aus dem Rückraum die entscheidenden Treffer für die zusammengekaufte Weltauswahl.

Das deutsche Angriffsspiel war über 60 Minuten nicht so effektiv wie bei dieser WM zuvor. Torjäger Steffen Weinhold war durch eine Oberschenkelverletzung gehandicapt. "Wir waren zu hektisch und haben uns von der Atmosphäre anstecken lassen", räumte Weinhold ein. Bezeichnend war die Schlussphase. Bei einem Zwei-Tore-Rückstand tauchte Patrick Groetzki in zwei Szenen frei vor Danijel Saric auf, doch der Rechtsaußen scheiterte an Katars Torhüter. Katar steht als dritte nicht-europäische Mannschaft nach Ägypten (2001) und Tunesien (2005) in einem WM-Halbfinale steht und trifft dort auf Polen.

Im Gegensatz zur Achtelfinal-Gala gegen Ägypten taten sie die Bundesligaprofis von Beginn an schwer. Die 5:1-Abwehr hatte zu große Lücken, während Katars Deckung den Deutschen den Schneid abkaufte. Die Folge war ein 6:10-Rückstand (16.). Sigurdsson nahm eine Auszeit. Er brachte Michael Kraus für Martin Strobel auf der Spielmacherposition, Heinevetter kam für Carsten Lichtlein, der nicht an seine Weltklasseleistung aus dem Achtelfinale anknüpfte. Das deutsche Spiel wurde zunächst nicht besser, auch wenn Heinevetter einige tolle Reflexe zeigte.

Das vom spanischen Weltmeistercoach Valero Rivera seit September 2013 betreute Team, vor zwei Jahren noch WM-20., zog davon (16:9/26.), doch die DHB-Auswahl verkürzte bis zur Pause den Rückstand. Nach dem Wechsel agierte die DHB-Auswahl konzentrierter, Groetzki brachte sein Team mit einem sehenswerten Heber wieder auf ein Tor heran (19:20/39.). In den letzten Minuten entwickelte sich eine Abwehrschlacht - mit dem besseren Ende für Katar.

(sid)
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