Peking/Leverkusen Gold fürs Rheinland

Peking/Leverkusen · Die Leverkusener Speerwerferin Katharina Molitor gewinnt zum Abschluss der Leichtathletik-Weltmeisterschaften überraschend den Speerwurf.

Leichtathletik-WM: Katharina Molitor gewinnt Gold im Speerwurf
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Molitor jubelt über Gold im Speerwurf

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Katharina Molitor schien nicht recht zu wissen, ob sie lachen oder vor Freude weinen sollte. So etwas hatte die Speerwerferin ja noch nie erlebt. Sie stand ganz oben auf einem Siegertreppchen bei internationalen Meisterschaften. Ihr zu Ehren erklang zum zweiten Mal bei diesen Leichtathletik-Weltmeisterschaften die deutsche Hymne im Pekinger Vogelnest. Schwarz-Rot-Gold flatterte heftig im Wind, den die Organisatoren mit einem in den Fahnenmast eingebauten Ventilator produzierten. Molitor ist nach Kugelstoßerin Christina Schwanitz die zweite deutsche Athletin, die in der chinesischen Hauptstadt WM-Gold holt. "Gold? Daran hätte ich nie gedacht. Das ist unglaublich, unbeschreiblich", sagte Molitor. Helge Zöllkau, ihrer erfahrener Trainer, hatte allenfalls mit der Bronzemedaille geliebäugelt.

Die Leverkusenerin tritt die Nachfolge von Christina Obergföll an, die den Titel vor zwei Jahren in Moskau geholt hatte, im vergangenen Jahr Mutter wurde und nun auf Rang vier einlief. Die 21-jährige Christin Hussong auf einem für die kommenden Großereignisse verheißungsvollen sechsten Platz und Molitors Vereinskameradin Linda Stahl komplettierten ein eindrucksvolles Mannschaftsresultat. Mit dem letzten Versuch übernahm Molitor die Spitze.

Katharina Molitor: Speerwurf-Weltmeisterin und Volleyballspielerin
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Das ist Katharina Molitor

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"Ich bin ein Mensch der letzten Versuche", sagte die Lehramtsstudentin aus Bedburg im Rhein-Erftkreis, "es war in der Saison schon oft so, dass ich im letzten Versuch am weitesten geworfen habe. Da legt man noch mal alles rein und guckt, was dabei rauskommt." Sie musste einen Meter weiter gucken als bei ihrem bis dahin besten Versuch. Ihre Weite von 67,69 Meter bedeuteten Weltjahresbestleistung. Konkurrentin Obergföll lobte im Jargon ihrer Disziplin: "Dass der Wurf gut war, hat man sofort gesehen. Sie hat einen unheimlich guten Armzug. Wenn sie es schafft, flüssig aus den Beinen zu arbeiten, kommt ihr Arm voll aufs Gerät."

Das fortgeschrittene Athletinnenalter von 31 Jahren musste die muskulöse Werferin Molitor erreichen, um einen großen Erfolg zu feiern. Mit ihrem ersten Titelgewinn bei den Deutschen Meisterschaften im Juli in Nürnberg hatte sie angedeutet, dass 2015 ihr Jahre werden könnte. Zuvor hatte sie stets im Schatten Obergfölls oder der Bayer-Werferinnen Linda Stahl und Steffi Nerius gestanden. Molitor war immer das Multitalent, das nebenbei bei den Volleyballerinnen des Klubs als Mittelblockerin in der Bundesliga spielt.

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Bolt feiert drittes Gold mit Selfie-Stick

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Vor ihrem Wechsel vor zwölf Jahren zu Bayer Leverkusen starteten sie für Jugend 07 Bergheim, den Heimatklub von Fußball-Weltmeister Lukas Podolski. Mit 52 Metern im Ballwurf steht sie in der Bestenliste des Leichtathletikkreises Köln der Schülerinnen immer noch weit vorn.

Molitors Erfolg krönt eine gute WM-Bilanz des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). Als vor sieben Jahren am selben Ort Olympische Spiele stattfanden, war Obergföll als Zweite die einzige deutsche Medaillengewinnerin in der Leichtathletik. Mit acht Medaillen übertraf das DLV-Team das Resultat der Moskauer WM 2013 um eine Plakette, allerdings waren des vor zwei Jahren vier goldene und damit zwei mehr als nun in China. "Diese junge Mannschaft hat ein ausgezeichnetes Potenzial", resümierte DLV-Präsident Clemens Prokop, "die Generalprobe für Olympia 2016 in Rio de Janeiro ist geglückt." Als "fast schon historisch" bezeichnete er die ersten WM-Medaillen nach 14 Jahren in den Laufdisziplinen durch Gesa Felicitas Krause (Bronze über 3000 Meter Hindernis) und Cindy Roleder (Silber über 100 Meter Hürden). "Das ist sicherlich ein Signal an die Laufszene in Deutschland", sagte Cheftrainer Idriss Gonschinska.

Zehnkämpfer Freimuth jubelt über Bronze
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Zehnkämpfer Freimuth jubelt über Bronze

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Im Team standen einige Athleten, die das Potenzial für Medaillen mitbringen. Neben Speerwerferin Hussong zählen zum Beispiel Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch (24) und Diskuswerfer Christoph Harting (25) dazu.

Für Chefcoach Gonschinska haben die Vorbereitungen auf das Olympiajahr längst begonnen. "Ein Olympiajahr bringt erfahrungsgemäß immer auch einen Leistungssprung mit sich", sagte er. Die Zusammenarbeit mit Psychologen, Experten für das Gesundheitsmanagement und Trainingswissenschaftlern will er intensivieren. Der verstärkte Austausch von Trainern, die auf Bundes-, Landes- und Vereinsebene arbeiten, steht für ihn zudem im Mittelpunkt. Weitere große Würfe sind in Planung.

(bei)
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