Streit bei Mercedes eskaliert Krieg der Sterne in der Formel 1

Düsseldorf · Im Kampf um die Titel in der Formel-1-WM wollte Mercedes seinen Fahrern Nico Rosberg und Lewis Hamilton freie Fahrt gewähren. Offenbar wurde deren Selbstdisziplin überschätzt. Um den Erfolg nicht zu gefährden, ist die eigentlich verpönte Teamorder ein Thema.

Chronologie zum Streit zwischen Rosberg und Hamilton
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Foto: ap

Es war der Moment, in dem eine Grenze überschritten wurde. Es war der Augenblick, in dem Torger Christian, genannt Toto, Wolff bewusst wurde, dass er ein Problem hat. Der Wiener, seit Januar 2013 bei den Silberpfeilen als Formel-1-Teamchef angestellt und mit seinem Geschäftspartner Rene Berger mit 30 Prozent an Mercedes GP beteiligt, fühlte sich im Stich gelassen. Und das machte ihn richtig sauer. Während der elf Rennen zuvor hatten sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton häufig bis ans Limit bekämpft. Sie hatten dabei den Rivalen schon mal verärgert oder ausgebremst, aber nie die Interessen des Teams verraten. Als Rosberg beim Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps mit seinem Frontflügel den linken Hinterreifen des führenden Teamkollegen Lewis Hamilton aufschlitzte, war die wichtigste Regel gebrochen worden: fahre nie ins Auto des Teamkollegen. Ob Absicht oder nur ein normaler Rennunfall, das ist letztlich egal.

Großer Preis von Belgien: Nico Rosberg schlitzt Reifen von Lewis Hamilton auf
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Rosberg schlitzt Reifen von Hamilton bei Überholmanöver auf

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Geredet wurde bei Mercedes in diesem Jahr schon viel. Drei Tage vor dem Crash von Spa saßen die Beteiligten auch zusammen, versuchten den Vorfall von Budapest aufzuarbeiten. In Ungarn hatte sich Hamilton der Aufforderung seines Renningenieurs widersetzt, den schnelleren Rosberg vorbeizulassen. Eine Aktion, die den Wiesbadener noch in Belgien auf den Baum brachte.

Nach dem Rennen in den Ardennen saß man wieder zusammen. Rosberg bestritt, mit Absicht ins Auto des Rivalen gefahren zu sein. Nur habe er diesmal nicht zurückgesteckt und dabei auch riskiert, seine Chancen zu verspielen. Die Schuld lag bei ihm, das war unstrittig. Doch am Ende des Tages stand auch Hamilton, der sein beschädigtes Autos vier Runden vor Schluss in der Box abstellte, in der Kritik. Der Engländer plauderte Details aus dem Krisengespräch aus, interpretierte Rosbergs Aussagen als Eingeständnis, den Unfall bewusst provoziert zu haben. Abgesehen davon, dass er diese Ansicht exklusiv hatte, mag es kein Team, wenn Interna genutzt werden - vor allem dann nicht, wenn Politik, wenn Stimmung gemacht wird.

Formel 1: Der Feind im eigenen Team
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Foto: Universal Pictures

In den nächsten Tagen treffen sich Fahrer und Teamführung erneut. Dann wird, dann muss nicht nur geredet, sondern gehandelt werden. In Spa wurde ein möglicher Doppelerfolg, wurden einmal mehr WM-Punkte verspielt. Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo (Australien) profitierte zum zweiten Mal in Folge von den Unstimmigkeiten beim dominanten Team dieser Saison. Dass Mercedes, das sich über Platz zwei von Rosberg nicht freuen konnte, dämlich dastand, ist die eine Seite. Doch in der Formel 1 steht auch viel Geld auf dem Spiel, geht es ums Prestige für die Automobilhersteller.

"Wir haben geglaubt, dass beide es verstehen. Aber jetzt ist es passiert, und wir brauchen eine neue Regelung", betonte Teamchef Wolff. "Wir hassen das Wort Teamorder. Aber es steht jetzt zur Diskussion", gab der ehemalige Rennfahrer zu. Denkbar wäre das Verbot, den vorne liegenden Teamkollegen anzugreifen. Der Vorsprung von Rosberg (220 Punkte) und Hamilton (191) auf Verfolger Ricciardo (156) sieht souverän aus, auch die 157 Zähler, die Mercedes (411) vor Red Bull (254) führt, lesen sich beruhigend. Was die Alarmglocken schrillen lässt, ist die Eskalation im Duell der Fahrer und deren Egoismus. Sie haben die große Chance, Weltmeister zu werden: Rosberg erstmals, Hamilton nach 2008 zum zweiten Mal.

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Foto: Instagram/MaxChilton

Tolle Rennen zu ermöglichen, den Fans Motorsport pur zu präsentieren, sei eine Sache. Wenn man am Ende aber ohne Titel dastehe, sei man der Depp, betonte Wolff. Er hatte gehofft, den in der Formel-1-Geschichte aufgetretenen Zoff zwischen um den WM-Titel kämpfenden Teamkollegen verhindern zu können. "Jetzt ist es soweit, sogar früher als ich gedacht habe", sagte Wolff. Er muss vor dem Rennen am 7. September in Imola durchgreifen, er muss den Alpha-Tieren bewusst machen, dass sie Teile eines großen Ganzen sind. Hamilton und Rosberg sind tolle Fahrer - aber auch sie sind zu ersetzen.

(RP)
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