Laureus-Stiftung Menschenfänger Moses

Berlin · Der ehemalige 400-Meter-Hürden-Weltrekordler ist Vorsitzender der Laureus-Stiftung. Ein Begegnung in Berlin.

 Edwin Moses in Berlin. Der Vorsitzende der Laureus-Stiftung ist stolz auf das bisher Erreichte.

Edwin Moses in Berlin. Der Vorsitzende der Laureus-Stiftung ist stolz auf das bisher Erreichte.

Foto: Imago

Edwin Moses sieht aus, als brauche er nur ein paar Minuten, um sich umzuziehen, die Spikes aus dem Schrank zu nehmen, sich in den Startblock zu kauern und loszurennen. So wie in den 1970er und 1980er Jahren, als er den Hürdenlauf über 400 Meter beherrschte, wie kaum ein anderer Leichtathlet je seine Disziplin dominiert hat. Vielleicht liegt es an den Genen, dass er so fit wirkt. Oder an der Ernährung. Er ist Vegetarier.

Edwin Moses feiert demnächst seinen 61. Geburtstag. Er ist schlank wie ehedem. Mit federndem Schritt geht er durch "The Base", eine Fußballhalle in Berlin. Kinder spielen dort, andere boxen, wieder andere tricksen auf Skateboards. Weltstars wie die frühere Eiskunstläuferin Katarina Witt, wie die Turnlegende Nadja Comaneci oder Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch mischen kamerawirksam mit. Es ist der Tag vor der Laureus-Gala, die im 17. Jahr ihres Bestehens erstmals l in Deutschland stattfindet. Edwin Moses ist Vorsitzender der Organisation, die mittels des Sports soziale Hilfsprojekte in der ganzen Welt fördert.

"Als wir vor vielen Jahren angefangen haben, hätten wir uns nicht träumen lassen, was daraus entsteht", sagt der einstige Weltstar. Auf mehr als 100 Millionen Euro beläuft sich das Spendenaufkommen. Vor allem Mercedes und der Schweizer Uhrenhersteller IWC tragen die Organisation und bewerben sie. Ganz nach dem Grundsatz "Tue Gutes und rede sehr, sehr viel darüber". Zur Preisverleihung engagierten die Gastgeber den Täglich-grüßt-das Murmeltier-Schauspieler Bill Murray. Mercedes ließ seine Formel-1-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton ruckzuck vom Grand Prix aus China einfliegen.

Doch ohne Moses, ohne seine Kontakte und sein Engagement gäbe es diese einzige weltweite Sportlerehrung, die gern so etwas wie ein Sport-Oscar wäre, nicht. Ohne Moses wäre der Lorbeer (lateinisch: Laureus) schon verwelkt. Er ist ein Menschenfänger.

Edwin Moses besucht Deutschland gern. Er präsentiert ein breites Grinsen, wenn er darauf angesprochen wird. Es ist für den zweimaligen Olympiasieger immer wieder eine Reise in die Vergangenheit. Die erste Frau des aus dem US-Staat Ohio stammenden Athleten war Berlinerin. Im Koblenzer Oberwerth-Stadion ist er 1983 seinen vierten Weltrekord gelaufen. Und im Düsseldorfer Rheinstadion begann 1977 beim Weltcup seine Siegesserie, die neun Jahre, neun Monate und neun Tage währte. 122 Rennen hintereinander gewann er. Der Gelnhäuser Harald Schmid, damals Europas Nummer eins, verzweifelte richtiggehend an seinem amerikanischen Rivalen. Moses holte übrigens noch fachfremd eine Silbermedaille in Deutschland: 1990 als Anschieber im Zweierbob bei der WM in Winterberg.

Moses trägt die Ehrendoktorwürde der Universität von Massachusetts. Er hat Abschlüsse in Physik und Betriebswirtschaftslehre sowie einen Pilotenschein. Er engagiert sich als Friedensrichter, und er ist Vorsitzender der nationalen Antidoping-Agentur der USA (Usada). Auch wenn er sich immer für sauberen Sport engagiert hat, hält er sich in Berlin bei brisanten Themen zurück. Olympia-Sperre für russische und kenianische Leichtathleten? "Das ist jetzt nicht das Thema", antwortet er. Ist der Leichtathletik-Weltverband schlimmer als die Fifa? "Kein Kommentar." Vielleicht weil IAAF-Präsident Sebastian Coe gerade ein paar Meter weiter mit Comaneci kickt.

Die brennenden, aber während einer Gala des Weltsports störenden Themen klammert Moses lieber aus. Der Laureus ist ein gebranntes Kind. US-Sprinterin und -Weitspringerin Marion Jones, 2000 erste derart ausgezeichnete Athletin, hat ihre großen Erfolge mit Doping-Unterstützung erreicht. Im selben Jahr bekam Lance Armstrong einen Laureus für sein Comeback. Hinter beiden Namen steht "aufgehoben" auf der Ehrentafel der Organisation.

Es ist heikel, die großen des Weltsports auf den Schild zu heben. Auch für Edwin Moses.

(bei)
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