Düsseldorf Leichtathletik steckt tief im Dopingsumpf

Düsseldorf · Der ehemalige Weltverbandspräsident Diack gehört zu den Beschuldigten, die Sperren für überführte russische Athleten gegen Geldzahlung verhindert haben sollen. Angeblich ist auch ein Olympiasieger von 2012 dabei.

Russischer Dopingsumpf: eine Chronologie
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Foto: dpa, mr nic sup gfh

Erpressung, Vertuschung, Schmiergeld in Millionenhöhe: Im Doping- und Korruptionssumpf der Leichtathletik sollen nun auch zwei Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen in London stecken. Nach Informationen der englischen Zeitung "The Sunday Times" sollen im Vorfeld der Sommerspiele 2012 Zahlungen in siebenstelliger Höhe die Dopingsperren von acht russischen Athleten verhindert haben. Darunter angeblich auch ein späterer Gold- sowie ein Silbermedaillengewinner.

Im Mittelpunkt des Skandals steht der langjährige Präsident des Weltverbandes (IAAF), Lamine Diack (82). Gegen den Senegalesen und weitere Beschuldigte ist in Frankreich mittlerweile ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Korruption eingeleitet worden. Sie sollen mehr als eine Million Euro an Bestechungsgelder angenommen haben. Heute stellt in Genf die unabhängige Untersuchungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) ihren Bericht vor. Die Kommission war nach den Enthüllungen durch die ARD und der "Sunday Times" Ende 2014 eingerichtet worden. "Der Inhalt dieses Berichts wird den Sport grundlegend verändern. Dies ist eine ganz andere Dimension an Korruption als im Fifa-Skandal", sagte Richard McLaren, Mitglied der Wada-Kommission.

Nach tagelangem Schweigen meldete sich auch der neue IAAF-Präsident Sebastian Coe zu Wort. "Dies sind traurige Tage für unseren Sport", sagte der ehemalige Mittelstreckler und zweimalige Olympiasieger über 1500 Meter der BBC. Zuvor hatte der Engländer in einem Statement bereits erklärt: "Dass Leute in unserem Sport angeblich Geld von überführten Dopingsündern erpresst haben, ist widerlich." Doch Coes Verhalten in der Affäre ist zumindest fragwürdig. Nach Bekanntwerden der Affäre hatte der 59-Jährige die Vorwürfe noch als "Kriegserklärung an die Sportart" tituliert. Bei der WM in Peking Ende August bezeichnete er die Leichtathletik als "augenscheinlich saubere Sportart" und kritisierte Medien wegen "einseitiger Darstellungen".

Dabei liest sich die von der "Sunday Times" nun enthüllte Vorgehensweise der Beschuldigten eher wie das Drehbuch eines Mafia-Films. So soll im Vorfeld der Olympischen Spiele das IAAF-Expertengremium Sanktionen gegen die acht russischen Athleten befürwortet haben, die Behandlung der Fälle sei jedoch Diacks Anwalt Habib Cisse übertragen worden - obwohl dieser nichts mit dem Anti-Doping-Programm der IAAF zu tun gehabt habe.

Bei den Athleten sollen im Jahr vor Olympia bei Kontrollen Unregelmäßigkeiten im sogenannten Blutpass aufgetaucht sein, die Rückschlüsse auf den Gebrauch von Epo oder auf illegales Blutdoping gaben. Cisse habe die Liste dem russischen Verband übergeben und einen Deal ausgehandelt, zitiert die Zeitung einen Informanten. Auch gegen Cisse wird in Frankreich ermittelt.

Bereits am Donnerstag hatten französische Medien berichtet, dass auch Diacks Söhne Pape Massata Diack und Khalil Diack der Erpressung beschuldigt werden. Sie sollen 500.000 Dollar von der türkischen 1500-m-Läuferin Asli Cakir Alptekin verlangt haben, um ihr Dopingvergehen zu vertuschen. Die Olympiasiegerin von London soll abgelehnt haben. Mittlerweile ist sie für acht Jahre gesperrt und hat ihr Olympia-Gold verloren. Die Diack-Familie habe derweil eine Firma in Singapur für die Geldtransfers unterhalten.

(SID)
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