Christian Obergföll und Jennifer Oeser Die Rückkehr der Leichtathletik-Mamas

Leverkusen · Speerwerferin Obergföll und Siebenkämpferin Oeser geben ihr Comeback. Hochspringerin Friedrich pausiert noch.

 Christina Obergföll mit Sohn Marlon in ihrem Haus in Ortenau. Die Aufnahme wurde im Oktober 2014 gemacht.

Christina Obergföll mit Sohn Marlon in ihrem Haus in Ortenau. Die Aufnahme wurde im Oktober 2014 gemacht.

Foto: Uwe Anspach

Es sind unruhige Tage im Hause Obergföll im nordbadischen Hohberg-Diersburg. Marlon, der im nächsten Monat ein Jahr alt wird, bekommt Zähne. Das ist nicht leicht für den Kleinen und auch nicht für Mutter Christina und Vater Boris, der nach der Hochzeit seinen Geburtsnamen Henry gegen Obergföll eingetauscht hat. Die Mutter ist Weltmeisterin, der Vater holte zweimal Bronze bei Weltmeisterschaften. Dass der Kleine mal einen kräftigen Armzug bekommt, ist ihm in die Wiege gelegt. Bei den Trainingslagern in Südafrika und Portugal war er schon dabei.

"Der Sport spielt nicht mehr die erste Geige, die spielt Marlon, ohne Zweifel. Aber meinen Ehrgeiz habe ich deshalb nicht verloren", sagte sie im Gespräch mit der "Badischen Zeitung". Obergföll (33) tritt morgen zu ihrem ersten großen Wettkampf nach der Babypause an: beim Sportfest der Diamond League in Schanghai. Die Badenerin ist eine von drei deutschen Leichtathletinnen der ersten Garde, die das Wettkampfjahr 2014 ausließen und nun auf die anstehenden Großereignisse hinarbeiten. Die anderen beiden sind die Leverkusener Siebenkämpferin Jennifer Oeser und Hochspringerin Ariane Friedrich (Eintracht Frankfurt).

Friedrich (31) hat ein halbes Jahr nach der Geburt von Tochter Amy mit dem Aufbautraining für ihr Comeback begonnen. Die Lebensgefährtin des Oberhofer Bob-Olympiasiegers André Lange ("Wir sind auch ohne Trauschein eine glückliche Patchworkfamilie") hat ein erstes Trainingslager auf Teneriffa absolviert. Anders als Obergföll und Oeser denkt sie aber noch nicht an die WM in diesem August in Peking, sondern konzentriert sich auf Olympia 2016 in Rio de Janeiro. "Sie hat überhaupt keine Probleme mehr mit ihren alten Verletzungen", schwärmte ihr langjähriger Trainer Günter Eisinger. Rio ist Friedrichs letztes großes Ziel. Danach kehrt sie in ihren erlernten Beruf als Oberkommissarin bei der Landespolizei zurück.

Oeser (ebenfalls 31) verabschiedete sich im vergangenen Jahr vorläufig. Rechtzeitig für die Olympischen Spiele wolle sie wieder fit sein, sagte sie damals. Auch die WM in Peking ist ein Ziel. Sohn Jakob kam im Oktober zur Welt - keine sieben Monate später zählt die Athletin wieder zu den deutschen Hoffnungen. "Viele Dinge klappen wieder ganz gut, bei anderen erkennt man dafür noch deutliche Defizite. Aber der Körper macht bisher gut mit", sagt die Vizeweltmeisterin von 2009. Speziell die Rumpfmuskulatur hat sich durch die Schwangerschaft naturgemäß zurückgebildet. Viele Trainingswochen werden noch ins Land ziehen, bis die Leverkusener Leichtathletin ihre körperliche Robustheit wiedererlangt hat.

Seit einem guten Jahrzehnt zählt sie zur Weltklasse. WM-Silber 2009, WM-Bronze 2011 und EM-Bronze 2010 hat Oeser schon gewonnen, die auf den Faktor Erfahrung setzt. "Die Technik verlernt man nicht, an den körperlichen Voraussetzungen kann man arbeiten", ist sich die Sportlerin, die auch verletzungsbedingte Rückschläge nicht bremsen konnten, ihrer Stärken bewusst.

Über Fahrradfahren und langsames Laufen begann Oeser vier Wochen nach der Geburt ihres Sohnes mit dem Fitnessaufbau, später kamen Kraft- und Bauchmuskeltraining hinzu. "Die ersten Wochen war ich mein eigener Trainer. Ich habe so trainiert, wie es mein Körper zuließ", sagt die Mehrkämpferin, die im Januar dann wieder voll ins Training einstieg und nun in die Weltspitze zurück möchte.

Ihren ersten Siebenkampf wird sie Ende Mai in Ulm absolvieren. Außerdem ist ein Start beim Mehrkampf-Meeting in Ratingen vorgesehen, wo Oeser eine "ordentliche Punktzahl" anpeilt, die Hinweise geben soll, ob die WM schon in Reichweite ist.

Das eindruckvollste Beispiel für eine erfolgreiche Mutter in der Leichtathletik lieferte die Niederländerin Fanny Blankers-Koen. Die Mama von zwei Kindern gewann 1948 in London vier olympische Goldmedaillen.

(RP)
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