Djamila Böhm aus Düsseldorf Hürdensprinterin finanziert ihren EM-Traum mit Crowdfunding

Düsseldorf · Djamila Böhm ist die deutsche Meisterin über 400 Meter Hürden. Ihr Traum: Im kommenden Jahr möchte sie bei der EM in Berlin an den Start gehen. Um das möglich zu machen, greift die Düsseldorferin zu ungewöhnlichen Mitteln.

Sie absolviert Treppenläufe, stemmt Gewichte und springt über Straßenhindernisse: In einer Videobotschaft präsentiert sich Hürdensprinterin Djamila Böhm von ihrer sportlichsten Seite und setzt sich dabei für ihre ganz persönliche Herzensangelegenheit ein. Als amtierende deutsche Meisterin über 400 Meter Hürden bittet die 23-jährige Frohnatur vom ART Düsseldorf um finanzielle Unterstützung, damit sie sich unter optimalen Bedingungen auf die Heim-Europameisterschaften in Berlin 2018 vorbereiten kann.

Mit ihrer Crowdfunding-Aktion verdeutlicht Böhm ein generelles Problem in der deutschen Leichtathletikszene. Über die nach Meinung der Athleten unzureichende Sportförderung im eigenen Land hat zuletzt auch der siebenfache deutsche Hürdenmeister Matthias Bühler bei den Weltmeisterschaften in London vor den ZDF-Kameras seinen Unmut geäußert. "Im nächsten Jahr sind die Europameisterschaften in Berlin. Wenn 80.000 einen Athleten anfeuern, der im Prinzip nicht mal die Miete bezahlen kann, dann muss sich Deutschland auf jeden Fall mal Gedanken machen. Es kann einfach nicht sein, dass wir so schlecht gefördert werden. Das geht nicht!", sagte Bühler im August.

Böhm sieht es ähnlich. Die Athleten seien auf eine Förderung durch den Verein oder externe Sponsoren angewiesen, sagt sie. Um die Leichtathletik-Abteilung des ART sei es finanziell zurzeit nicht sonderlich gut bestellt und auch die Sponsorengelder würden die Ausgaben nicht decken. Insofern gäbe es zwar hilfreiche Zuschüsse, aber der Großteil der Kosten für die Anreise, Unterkunft, Verpflegung, Trainingslager und internationalen Wettkämpfe wird laut Böhm aus eigener Tasche bezahlt.

Der Aufwand, den viele Leichtathleten aus Liebe zum Sport zudem betreiben, ist enorm. "Leichtathletik gehört zu den zeitaufwändigsten Aufgaben. Ich trainiere neunmal die Woche und versuche, meine Uni-Kurse so zu legen, dass ich mein Pensum auch erfüllen kann. Das Training fängt morgens schon mit der ersten Laufeinheit vor der Haustür an. Meine Lernsachen nehme ich meistens zu den Wettkämpfen mit", sagt Böhm. Der Alltag wird vom Sport strukturiert und erfordert eine hohe Disziplin. Für einen kleinen Nebenverdienst arbeitet Böhm als freie Mitarbeiterin beim Kölner Stadtanzeiger. "Allerdings sehr eingeschränkt."

Eins wird deutlich: Der Kampf außerhalb der Tartanbahn erscheint ebenso groß, wie auf der Anlage selbst. Böhms Videoaufruf soll mit den Sprüngen über die Straßenhindernisse die Botschaft vermitteln, "auch die Hürden im Leben" zu nehmen. Ein Freund von Böhm hat den Clip gedreht, Trainer Sven Timmermann sie zu diesem Schritt ermutigt. Für eine optimale Vorbereitung mit Blick auf Berlin samt zweier Trainingslager wurde eine Förderung von 6000 Euro kalkuliert. Um den Zuschuss zu erhalten, musste die Summe bis zur Frist am 26. September erreicht werden, sonst hätten die Förderer ihr Geld zurück bekommen. Bereits nach dem ersten Tag kamen 36 Prozent des Gesamtbetrag zusammen. "Das war einfach ein Megagefühl. Ich habe zuvor sehr unruhig geschlafen, weil ich natürlich auch weiß, dass die Aktion sehr gewagt ist", sagt Böhm. Mittlerweile ist klar: Das Ziel wurde erreicht.

Wer die Athletin unterstützt, bekommt unterdessen auch etwas zurück. "Ich habe mir verschiedene Aktionen überlegt, so dass für jeden etwas dabei ist. Auf diese Weise möchte ich meinen Unterstützern Danke sagen und ihnen etwas Wiedergeben." Je nach Höhe der Spende sind beispielsweise eine Autogrammkarte, Post aus dem Trainingslager, oder ein gemeinsames Training möglich. Vor allem möchte Böhm jedoch über die sportliche Leistung die aussagekräftigste Rückmeldung geben. Nämlich dann, wenn sie womöglich bei der EM in Berlin im Deutschlandtrikot zur Höchstleistung aufläuft. "Das ist mein großer Traum", verkündet Böhm.

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