Erste Goldmedaille bei Leichtathletik-WM Farah bleibt der König der Langstrecke

Der 34 Jahre alte Brite gewinnt die erste Goldmedaille der WM in London. Über 10.000 Meter setzt sich der in Somalia geborene Leichtathlet durch. Seit 2012 hat er bei WM und Olympischen Spielen neunmal Gold in Folge geholt.

Mo Farah feiert Goldmedaille mit seiner Familie
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Farah feiert Goldmedaille mit seiner Familie

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Foto: rtr, gb

Vor gut zwei Wochen zog Mo Farah nach einem Training die Schuhe aus und war zufrieden. Denn in diesem Moment wusste er, dass er am Abend des 4. August Weltmeister über 10.000 Meter werden würde. Er schaute die Umstehenden an und sagte lediglich: "Das war es. Der Job ist erledigt. Seid sicher, Ihr werdet etwas Außergewöhnliches sehen." Farahs Gefühl trog ihn nicht, und er hatte auch nichts versprochen, was er im Olympiastadion nicht halten konnte: Wie prophezeit, gewann der 34-Jährige die erste Medaillenentscheidung und bescherte der WM in seinem Wohnzimmer so einen denkbar stimmungsvollen Auftakt.

Es wurde ein Rennen, in dem Farah sich zehn Minuten lang jede Tempoverschärfung aus dem hinteren Drittel des Feldes anschaute, dann kurz Zeit fand, ins Publikum zu grüßen und dann in die Spitze marschierte. Von dort aus zog er zwei Runden vor Schluss den langen Sprint an, stolperte sogar zweimal, aber gewann im Triumphzug in 26:49,51 Minuten vor Joshua Kiprui Cheptegei aus Uganda (26:49,84) und Paul Tanui aus Kenia (26:50,60).

Nachdem Farah bei den Olympischen Spielen an selber Stelle Gold über 5000 und 10.000 Meter gewonnen hatte, ist der gebürtige Somali nicht mehr Mo, der Top-Athlet, sondern Mo, der Volksheld. "Damals hat sich mein Leben geändert", gab Farah unlängst unumwunden zu. "Damals wurde ich von einem normalen Sportler, zu dem Mo, den jeder kennt." Um diesen Mo, den jeder kennt, laufen und siegen zu sehen, waren die Briten auch zum Auftakt der WM in den Queen-Elisabeth-Olympic-Park gekommen. Die Begeisterung für die Titelkämpfe ist riesig, noch nie wurden für eine WM so viele Tickets verkauft. Und die Zuschauer hielten dann auch das, was sich die Athleten, ja die Leichtathletik als Ganzes von der Rückkehr an ihre Sehnsuchtsstätte London versprochen hatten.

Denn genau das ist das weite Rund im Osten der englischen Hauptstadt zweifelsohne seit den Olympischen Spielen 2012: eine Sehnsuchtsstätte nach fachkundigem, begeisterungsfähigem und dabei fairem Sportpublikum. Szenen wie im Vorjahr in Rio, als die Cariocas den französischen Stabhochspringer Renauld Lavillenie bei jedem Versuch auspfiffen, um Lokalmatador Thiago Braz da Silva einen Vorteil zu verschaffen - sie wären in England undenkbar. Die Sportler lieben London und die Londoner, und gleichzeitig musste sich Farah auf der Tartanbahn nicht beklagen, dass das verinnerlichte Fair Play seine Landsleute unter den 65.000 auf den Rängen abhalten würde, ihn, der im Westen Londons lebt, aus tiefster Kehle zum Sieg zu schreien.

Seit Olympia 2012 hat Farah damit nun jeden Endlauf über 5000 und 10.000 Meter bei einer WM oder bei Olympsichen Spielen gewonnen. Am Freitagabend feierte er seinen neunten Triumph in Folge, am kommenden Wochenende will er die zehn vollmachen und sich so definitiv als eine Legende von der Stadionrunde verabschieden. Geplant hat er einen Wechsel in die ungleich lukrativere Marathon-Szene, die "Sir" Farah, den die Queen an Neujahr in den Adelsstand erhoben hatte, als Zugpferd mit offenen Armen empfangen wird.

Farah übersteht Doping-Vorwürfe

Wer Erfolge in solcher Konstanz und Deutlichkeit über Jahre abliefert, gerät — das gehört im heutigen Hochleistungssport wohl dazu - irgendwann unter zumindest leise formulierte Dopingverdächtigungen. Im Fall von Farah betrafen sie immer mal wieder seinen Trainer Alberto Salazar — und irgendwann wurden dann auch zwei verpasste Dopingtests von Farah in den Jahren 2010 und 2011 publik. Doch der Langstreckler überstand all diesen Gegenwind. Er veröffentlichte 2015 seine Blutwerte, er ließ eigene Untersuchungen seiner medizinischen Daten in Auftrag geben, und er ging auch verbal in die Offensive: "Ich habe es satt, mich immer wiederholen zu müssen. Ich glaube an den sauberen Sport. Es gibt kein Geheimnis für das, was ich tue. Mein Leben ist nicht so einfach, wie die Leute glauben. Es ist harte Arbeit!"

Die Briten glaubten ihm. Die Briten standen zu ihm. Und die Leichtathletik-Welt dürfte am Ende auch durchaus ganz froh gewesen sein, dass man bei einem ihrer Vorzeige-Stars (noch) nie fündig wurde. Genauso halt wie bei Usain Bolt.

Der läuft am Samstagabend sein Finale. In Farahs Wohnzimmer.

(klü)
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