Medaillenchancen bei der Leichtathletik-WM Deutsche Athleten sind nur im Speerwurf Favorit

Hamburg/London · Wer soll bei der WM in London eigentlich die Medaillen für Deutschland holen? Neben den starken Speerwerfern um Thomas Röhler und Johannes Vetter drängen sich kaum Top-Favoriten auf.

Leichtathletik-WM 2017: Die deutschen Medaillenchancen
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Die deutschen Medaillenchancen

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Thomas Röhler muss verschmitzt grinsen, wenn er auf den Speerwurf-Sweep angesprochen wird. Natürlich wollen der Olympiasieger und seine Kumpels bei der WM in London (4. bis 13. August) Gold, Silber und Bronze abräumen. "Wir hätten nichts dagegen, drei Medaillen zu holen", sagte Röhler, schließlich rockt die Speerwurf-Boygroup des DLV derzeit die Leichtathletik-Welt.

Die Speerwerfer um Röhler (93,90 m) und den neuen deutschen Rekordhalter Johannes Vetter (94,44) sind die ganz großen Hoffnungsträger für die Titelkämpfe an der Themse - dahinter werden die absoluten Medaillenkandidaten dann schon deutlich weniger. "Natürlich freuen wir uns auf die WM und bringen viele individuelle Träume mit nach London", sagte Idriss Gonschinska, Leitender Direktor Sport im DLV: "Aber man muss realistisch bleiben."

Und das bedeutet für London, dass das starke Ergebnis von der WM vor zwei Jahren in Peking mit acht Medaillen wohl nicht wiederholt werden kann. Bei Olympia in Rio waren es noch drei - aber immerhin zwei aus Gold. Die internationale Konkurrenz ist wieder extrem stark, Vetter und Zehnkämpfer Rico Freimuth (8663 Punkte) führen als einzige DLV-Asse die Jahres-Weltbestenliste an. Röhler ist die Nummer zwei, dahinter folgt Andreas Hofmann (88,79) als Dritter.

Aussichtsreich starten zudem Siebenkämpferin Carolin Schäfer sowie Freimuths Disziplinkollege Kai Kazmirek. Diskus-Star Robert Harting ist diesmal eher Jäger und muss auf einen Patzer der Rivalen hoffen. Zumal der Berliner nach seinem Kreuzbandriss aus dem Herbst 2014 weiter Probleme mit dem Knie hat. "Diese Verletzung war schon ein großer Einschnitt. Aber wenn ich einen guten Tag habe, kann ich auch richtig stänkern", sagte Harting dem SID: "Dann müssen die anderen Jungs auch erst einmal mit mir umgehen können."

Läuft alles rund, dürfen vielleicht auch Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz und die 4x100-m-Staffel um Gina Lückenkemper mit einer Medaille liebäugeln — genau wie Hochspringer Mateusz Przybylko und Ex-Weltmeister David Storl, der Kugelstoßer zeigte zuletzt ansteigende Form und verbesserte sich mit 21,87 m auf Rang acht in der Welt. Die junge Mittelstrecken-Aufsteigerin Konstanze Klosterhalfen macht Hoffnung, ist aber eher ein Versprechen für die Zukunft. "Ich glaube, die Afrikanerinnen sind superstark und nochmal eine andere Konkurrenz", sagte die 20-Jährige: "Ich möchte nicht zu große Erwartungen schüren. Wir schauen von Lauf zu Lauf."

Einige fast schon natürliche Medaillenkandidaten fehlen Gonschinska in London. Die Weltklasse-Athletinnen Betty Heidler (Hammer) und Christina Obergföll haben ebenso ihre Karriere beendet wie Linda Stahl (beide Speer). Zudem ist Kugelstoß-Weltmeisterin Christina Schwanitz nach der Geburt ihrer Zwillinge nicht dabei, Hürdensprinterin Cindy Roleder muss verletzt passen. Rio-Olympiasieger Christoph Harting und Daniel Jasinski, der in Brasilien Bronze gewann, schafften nicht einmal die Quali.

"All diese Athleten kann man nicht ersetzen", sagte Gonschinska, der 72 in die britische Hauptstadt schickt. Und ihnen ganz individuelle Ziele mitgibt: "Es gilt, sich keine Limits zu setzen."

(sid)
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