Kenianer mit Weltjahresbestleistung Ehemaliger Kuhhirte holt Gold im Speerwurf

Peking · Der Wunderwurf des Julius Yego kam eine Stunde nach dem Dopingskandal. Mit einer sensationellen Weite von 92,72 m schnappte sich der Kenianer bei der Leichtathletik-WM in Peking am Mittwoch Gold im Speerwurf – unbeeindruckt von den positiven Dopingproben seiner Teamkolleginnen Koki Manunga und Joyce Zakary, die kurz vor seinem Wettkampf von der IAAF suspendiert worden waren.

Leichtathletik-WM: Julius Yego holt mit Weltjahresbestleistung Gold
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Kenianer Yego jubelt über Gold und Weltjahresbestleistung

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Foto: afp, dd/tlr/dan

Der Wunderwurf des Julius Yego kam eine Stunde nach dem Dopingskandal. Mit einer sensationellen Weite von 92,72 m schnappte sich der Kenianer bei der Leichtathletik-WM in Peking am Mittwoch Gold im Speerwurf — unbeeindruckt von den positiven Dopingproben seiner Teamkolleginnen Koki Manunga und Joyce Zakary, die kurz vor seinem Wettkampf von der IAAF suspendiert worden waren.

"Ich bin so glücklich, dass kann ich gar nicht in Worte fassen", sagte Yego: "Speerwurf-Weltmeister zu sein, als Kenianer, das ist unglaublich. Ich wusste nach den 92,72 m, dass keiner mehr weiter werfen würde."

Hinter Yego (26), der auf Platz drei der ewigen Weltbestenliste vorrückte, holte der Ägypter Ihab El Sayed mit persönlicher Bestleistung (88,99 m) in einem extrem hochklassigen Wettbewerb Silber. Ex-Weltmeister Tero Pitkämäki aus Finnland gewann mit 87,64 m Bronze.

Dem deutschen Meister Thomas Röhler (Jena) fehlten auf Rang vier 24 Zentimeter zur erhofften Medaille. Trotzdem zeigte der 23-Jährige mit 87,41 m einen sehr guten Wettkampf: Erst zwei Mal zuvor reichte eine solche Weite in der WM-Geschichte nicht zu einer Medaille (1999 und 2001). "Ich suche mir jetzt eine wunderschöne Holz-Medaille - im Ernst", sagte Röhler: "Das war Wahnsinn da draußen."

Andreas Hofmann (86,01/Mannheim) als Sechster und der Siebte Johannes Vetter (83,79/Saarbrücken) komplettierten das starke DLV-Ergebnis.

Yego schockierte Röhler und den Rest der Konkurrenz im dritten Durchgang mit seiner Superweite. Nur Weltrekordler Jan Zelezny (98,48/Tschechien) und Aki Parviainen (93,09/Finnland) hatten jemals weiter als Yego geworfen, der Kenia das fünfte Gold in Peking sicherte - und das erste im Speerwurf überhaupt.

"Er war acht Wochen nicht zu sehen, in der Zeit hat er irgendwas richtig gemacht", sagte Röhler ohne Dopingvorwurf über Yego: "Wir wussten, dass er Speerwerfen kann, das hat er in Finnland gelernt.
Die Jungs da wissen, wie es funktioniert."

Yegos Triumph hatte sich bereits abgezeichnet, er war schon als Nummer eins der Welt nach China gereist. Doch die Leistungsentwicklung des viertältesten von sieben Kindern einer Landwirts-Familie wirft auch Fragen auf. Das Kraftpaket aus Soba River hat seine Bestleistung in diesem Jahr um fast sechs Meter (!) gesteigert. Sein Leichtathletik-Märchen liest sich fast zu schön, um wahr zu sein.

Als Kind vergötterte Yego die großen Laufstars seines Landes, Olympiasieger Kip Keino und Marathon-Ass Paul Tergat waren die Helden seiner Jugend, die er zum Großteil bei der elterlichen Viehherde verbrachte: "Während ich die Kühe im Auge hatte, habe ich Holzstöcke geworfen. Das hat mein Interesse am Speerwurf geweckt."

Video-Studium bei Youtube

Yego studierte via YouTube Topstars wie Zelezny und Andreas Thorkildsen, gewann High-School-Wettkämpfe, schaffte es ins Nationalteam. Heute trainiert er bis zu fünf Monate in der Speerwerfer-Nation schlechthin: Finnland.

"Er kann den Speer ungemein beschleunigen", sagte Bundestrainer Boris Obergföll über Yego: "Er kann nahezu die komplette Anlaufgeschwindigkeit in den Wurf bringen, wie früher Zelezny."

Röhler hatte kurz vor Peking seine Bestleistung auf 89,27 m verbessert und damit seinen Anspruch auf eine Medaille angemeldet. Der Wirtschaftsstudent gab auch alles - doch am Ende waren Yego und Co. einfach zu stark.

Olympiasieger Keshorn Walcott (Trinidad und Tobago) war genau so in der Qualifikation gescheitert wie Lars Hamann (Dresden).

(sid)
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