PSD-Bank-Meeting in Düsseldorf Lückenkemper staunt über sich selbst

Düsseldorf · Gina Lückenkemper gilt als größtes Sprinttalent der deutschen Leichtathletik. Beim PSD-Bank-Meeting in Düsseldorf gelingt ihr über 60 Meter eine Leistung, die selbst eine Ruhrgebiets-Schnute wie sie baff zurücklässt.

Gina Lückenkemper sprintet überraschend zu Bronze
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Lückenkemper sprintet überraschend zu Bronze

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Foto: dpa, mkx nic

Wenn Obelix, der füllige Gallier aus den Asterix-Comics, als Kind in einen Kessel mit Zaubertrank gefallen ist, dann dürfte es bei Gina Lückenkemper im Zweifelsfall ein Bottich voller Mokka gewesen sein. Ein Bottich, weil in Lückenkempers Heimat, dem Ruhrgebiet, niemand Kessel sagen würde. Und Mokka, weil die 20-Jährige als permanente Energiequelle daherkommt. Immer in Action. Immer den Schalk im Nacken. Und immer frei Schnauze. All das und eine gehörige Portion Talent machen die Athletin der LG Olympia Dortmund zu Deutschlands größter Sprint-Hoffnung für die kommenden Jahre.

Ihren Jahresauftakt auf der Wettkampfbahn feierte die schnelle Frau mit den langen blonden Haaren und seit November mit tätowierten Olympischen Ringen auf dem linken Oberarm gestern Abend vor 2000 Zuschauern beim ausverkauften PSD-Bank-Meeting in Düsseldorf. In 7,22 Sekunden gewann sie ihren Vorlauf und war hinterher baff über sich selbst. "Mega geil! Das war ein grandioses Laufgefühl. Hinten raus bin ich schnell, das weiß ich ja. Aber vorne? Und wer hätte gedacht, dass ich mal die Norm für eine Hallen-EM laufen würde?", sagte Lückenkemper. Im Finale packte sie als Vierte dann noch mal drei Hundertstel drauf: 7,19 Sekunden.

7,19 Sekunden, das war nicht nur neue persönliche Bestleistung, das war auch die Norm für besagte Hallen-EM Anfang März in Belgrad (7,28). In Lisa Mayer, Rebekka Haase, Alexandra Burghardt und Yasmin Kwadwo hatten schon vor den gestrigen Rennen vier nationale Konkurrentinnen die Norm unterboten - drei (und eine Ersatzkandidatin) darf der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) für Serbien nominieren.

Allein: Belgrad war im Grunde gar nicht vorgesehen in Lückenkempers Hallen-Saisonplan. "Nächsten Freitag laufe ich die 60 Meter nochmal in Berlin, aber bei den Deutschen Hallenmeisterschaften Mitte Februar in Leipzig steht eigentlich nur die Staffel an. Vielleicht müssen wir über all das aber noch mal sprechen", sagte die Dortmunderin. Die 60 Meter sollen zwar in erster Linie der Arbeit an der Startbeschleunigung dienen, aber wenn es so gut läuft...

Was für ein Potenzial die Studentin der Wirtschaftspsychologie an der Uni Bochum besitzt, deutete sie im Vorjahr an - nicht in der Halle über 60, sondern draußen vor allem über ihre Paradestrecke 200 Meter: Deutsche Meisterin in Kassel über die halbe Stadionrunde, Bronze bei der EM in Amsterdam über 200 Meter und mit der 4x100-Meter-Staffel, Halbfinale bei Olympia in Rio über 200 Meter und Vierte mit der Staffel. Lückenkemper war in aller Munde und nach den Läufen auch in vielen Köpfen, weil ihr unbekümmertes Wesen eben in Erinnerung bleibt. Wo andere kurz vor dem Start schon im mentalen Tunnel sind, schickt Lückenkemper auch schon mal eine flippige Grimasse Richtung TV-Kamera. Legende Heide Ecker-Rosendahl sagte über Lückenkemper mal: "Die Leichtathletik in Deutschland braucht solche tollen und unbekümmerten Sportler als Vorbild."

Die große Hoffnung, die die DLV-Verantwortlichen mit Lückenkemper verbinden, heißt auf Sicht: endlich mal wieder eine DLV-Athletin in einem großen Einzelfinale. Das war bei einer WM zuletzt Andrea Philipp mit ihrer Bronzemedaille über 200 Meter 1999 in Sevilla gelungen. Dieses Jahr findet die WM im August in London statt. Und vielleicht ist es ja wieder so ein Wettkampf, nach dem Lückenkemper sagen kann: "Mega geil!"

(klü)
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