Leichathletik-WM Bolt: "Hätte heute noch schneller rennen können"

Erst als "One Love" von Bob Marley in voller Lautstärke aus den Lautsprechern dröhnte, kam auch Usain Bolt richtig in Party-Laune. Nach seinem süßesten Triumph im Gigantenduell mit Justin Gatlin ließ sich der Superstar aus Jamaika mit seinen berühmten Mätzchen lange Zeit. Doch dann zeigte der Liebling der Massen doch wieder seine legendäre Blitz-Pose und brachte die Fans in Peking zum Ausrasten.

Usain Bolt jubelt in seiner berühmten Bolt-Pose
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Bolt jubelt in seiner berühmten Bolt-Pose

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Foto: dpa

"Ich war relaxed, hab mir keinen Stress gemacht und es nach Hause gebracht", sagte Bolt, der sein Gold zunächst ganz still genoss: "Mein Ziel ist es, bis zu meinem Karriereende die Nummer eins zu bleiben. Und dafür treibe ich mich immer weiter an. Ich hätte heute noch schneller rennen können."

Am Ende hatte es Bolt nach seinem Startwackler doch allen Zweiflern wieder einmal gezeigt, seinen Rivalen und überführten Dopingsünder Gatlin geschlagen, seinen Status als Nummer eins der Sprint-Welt eindrucksvoll zementiert und die Leichtathletik ein Stück weit gerettet.

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Bolt war im entscheidenden Moment wieder einmal voll da und rannte bei der Leichtathletik-WM mit Saisonbestleistung von 9,79 Sekunden zu seinem nächsten Titel über 100 m. Um eine Hundertstelsekunde verwies er Gatlin, der während des Rennens immer mehr verkrampfte, auf Rang zwei (9,80). Bronze gewannen zeitgleich (9,92) Trayvon Bromell aus den USA und der Kanadier Andre De Grasse.

Mit der Jamaika-Fahne über den Schultern ließ sich Bolt im "Vogelnest" ausgiebig feiern. Gatlin gratulierte fair, auch vor ihrem Showdown hatten sie sich sogar noch kurz abgeklatscht - die beiden respektieren sich. Dabei könnte ihr Image nicht unterschiedlicher sein. Schließlich wurde das Rennen zum Duell Saubermann gegen Bad Boy, Posterboy gegen den umstrittensten Läufer seit Ben Johnson hochgejazzt. "Ich wusste, dass ich ein großes Rennen laufen muss - ich bin stolz auf mich", sagte Bolt.

Am Ende hatte Bolt, der sich aus Aberglauben einen Bart wachsen ließ, die besseren Nerven und bewahrte die Leichtathletik davor, noch weiter in ihrer Krise zu versinken. Auch der neue IAAF-Präsident Sebastian Coe dürfte aufatmen. Ein 100-m-Weltmeister Gatlin wäre nach den jüngsten Doping-Enthüllungen schlicht nicht vermittelbar gewesen.

Und so strickte Bolt an dem Ort, wo vor sieben Jahren bei Olympia alles begann, seine Legende weiter. Der Schlaks aus Kingston sicherte sich seinen insgesamt neunten WM-Titel. Über die 100 m gewann der Olympiasieger nach 2009 und 2013 sein drittes Gold und zog damit mit den US-Amerikanern Carl Lewis (1983, 1987 und 1991)
und Maurice Greene (1997 bis 2001) gleich.

Usain Bolt sprintet zu Gold
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Bolt sprintet zu Gold

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Foto: afp, dd/tlr/dan

In Peking will der ohnehin schon erfolgreichste Athlet der WM-Geschichte seinen Trophäenschrank weiter auffüllen und wie 2013 in Moskau das Triple über 100, 200 und mit der 4x100-m-Staffel wiederholen. "Es geht weiter", sagte Bolt.

Gatlin hatte den Zweikampf vor der WM schon mit dem legendären Box-Kampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman 1974 verglichen und sich voller Selbstvertrauen gezeigt. "Das wird wie der Rumble in the Jungle", hatte er gesagt. Doch wie damals Ali gewann auch diesmal der Favorit der Fans, die vor dem Rennen immer wieder "USAIN BOLT, USAIN BOLT" gerufen hatten.

Gatlin kassierte seine erste Niederlage seit 716 Tagen. "Wenn ich schon verlieren muss, dann wenigstens gegen ihn", sagte er. Dabei sah es während der Saison lange so aus, als wäre der US-Amerikaner in Peking nahezu unschlagbar. Bolt kam wegen Rückenproblemen zunächst überhaupt nicht in die Gänge und lief Zeiten, die er früher in Flip-Flops hingelegt hätte. Doch dann meldete sich Bolt nach akuter Schwächephase und einem Besuch bei seinem Lieblingsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München plötzlich zurück. "Er hat mir schon oft aus der Patsche geholfen", sagte Bolt: "Ich bin glücklich, dass ich ihn habe." Bei einem Meeting in London rannte er Ende August 9,87 Sekunden. Spätestens da wusste die Welt, dass in China mit dem Weltrekordler zu rechnen sein wird.

Gatlin gilt in der Szene als äußerst umstritten. Mit einem Sieg wäre er zum ältesten 100-m-Weltmeister der Geschichte aufgestiegen, obwohl er bereits zwei Mal wegen Dopings gesperrt (2001 und 2006 bis 2010) war. In diesem Jahr lief er trotzdem so schnell wie nie zuvor.
Doch für Bolt reichte es im entscheidenden Moment dann doch nicht.

(sid)
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