Nachwuchs-Leichtathletin Alica Schmidt Schneller, weiter, schöner

Ingolstadt · Nachwuchs-Leichtathletin Alica Schmidt hat im sozialen Netzwerk Instagram 123.000 Fans. Dort inszeniert sich die 18-Jährige mit Modelfotos. Ihr Beispiel zeigt, wie sich junge Sportler heutzutage vermarkten können.

So zeigt sich Alica Schmidt bei Instagram
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Foto: Screenshot Instagram/alicasmd

Es gibt drei Gründe, warum jemand Alica Schmidt aus Ingolstadt kennt. Er kommt aus ihrem Umfeld, er verfolgt die Leichtathletik im Junioren-Bereich, oder er interessiert sich in sozialen Netzwerken für in Szene gesetzte Models. Letztgenannte dürften dabei vermutlich die größte Gruppe stellen, denn allein auf dem Foto-Portal "Instagram" folgen Schmidt 123.000 Menschen - Tendenz steigend. Ja, es hat sich ein regelrechter Hype um die 400-Meter-Läuferin entwickelt, unlängst erst überschlugen sich britische Medien angesichts der Fotos der jungen Deutschen. Das Boulevard-Blatt "The Sun" nannte sie sogar "Sexiest Athlete in the World".

"Ich versuche, das nicht an mich heranzulassen", verriet Schmidt jetzt dem "Donaukurier". Eigentlich will sie über den Internet-Rummel gar nicht reden, lieber über ihre sportlichen Erfolge. Davon gab es zuletzt durchaus einige: Sie gewann Bronze bei den Deutschen U20-Meisterschaften in der Halle, sie wurde draußen Vize-Europameisterin mit der 4x400-Meter-Staffel, und sie holte sich Rang zwei bei den Deutschen Meisterschaften ihrer Altersklasse in Ulm. Doch diese Erfolge erreichen eben eine kleinere, eine andere Zielgruppe als die Fotos, auf denen sich die Abiturientin knapp bekleidet und professionell in Szene gesetzt vor tropischer Kulisse räkelt.

"Ich-Marketing" in den sozialen Netzwerken

Schmidt ist ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie Nachwuchsathleten sich heute auf Wegen neben dem Sport vermarkten. "Die sportlichen Erfolge sind bis zu einem gewissen Grad sicherlich immer noch sehr wichtig, werden aber zusehends weniger wichtig. Bezogen auf die sportliche Leistung reicht oft ein leistungsmäßiges ,Mitschwimmen halbwegs nahe der Spitzengruppe', um bekannt werden zu können. Sehr viel wichtiger wird allerdings zunehmend die Sportler-Person, ihr Aussehen und ihre Ausstrahlung - und die damit erreichbare Öffentlichkeit, die Prominenz oder gar ein Startum", sagt Thomas Schierl. Er leitet das Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln und beobachtet eine zunehmende Verschiebung der Mittel und Wege, um als Sportler Reichweite in Sachen Bekanntheit zu generieren. "Da Sportler - gerade in Randsportarten - wenig Möglichkeiten haben, ausreichend zu verdienen und sich ausreichend finanziell abzusichern, müssen diese den Umweg über die Vermarktung ihrer Prominenz gehen. Prominenz lässt sich im Bereich Werbung und Marketing sehr gut in Geld umwandeln. Also versuchen diese Sportler durch ,Ich-Marketing', beispielsweise über soziale Medien, bekannt, beliebt und prominent zu werden, um diese Prominenz dann wiederum zu vermarkten."

Schmidt träumt von Olympia

Das Prinzip scheint zu funktionieren. Schmidts Online-Auftritt legt jedenfalls eine Zusammenarbeit mit einem großen Sportartikel-Hersteller nahe. Und auch der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) kann nichts Verwerfliches daran finden, wenn Alica Schmidt den Körper nicht nur auf den Sieg auf der Laufbahn ausrichtet. "Unsere jungen Athleten nutzen im digitalen Zeitalter die Social-Media-Kanäle. Wenn Alica Schmidt inzwischen 100.000 Follower auf Instagram hat, dann ist dies sensationell und steigert definitiv ihren Bekanntheitsgrad. Wir freuen uns natürlich, dass Alica bei Instagram so gefragt ist, denn dies ist eine Follower-Zahl, die keine andere Leichtathletin aufweisen kann", sagt DLV-Mediendirektor Peter Schmitt. "Grundsätzlich legt der DLV großen Wert auf mündige Athleten, die selbst über die Art und Weise ihres Social-Media-Auftritts entscheiden. Lediglich im Kreis der Nationalmannschaft gilt es bestimmte Regeln einzuhalten, wie zum Beispiel bei den Olympischen Spielen, denn hier schreibt das IOC eigene Richtlinien vor, die eingehalten werden müssen."

Olympia 2020 in Tokio ist dem Vernehmen nach ein großes Fernziel von Alica Schmidt. Auf dem Weg dorthin hat sie jetzt die bayerische Heimat verlassen und ein Freiwilliges Soziales Jahr beim Potsdamer SC angefangen. Dort kann sie nebenbei bis zu sieben Mal pro Woche trainieren, um die sportliche Laufbahn voranzutreiben. Der so erfolgreiche Instagram-Account dürfte der 18-Jährigen da deutlich weniger Zeit abverlangen.

Dass Alica Schmidt ihr Aussehen nutzt, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern, ist dabei eine der gängigen Marketingstrategien in sozialen Netzwerken. Generell gilt: Auffallen ist das Entscheidende, wodurch man auffällt, ist nachrangig. "Wenn sie bekannt werden wollen, werden sie in einer informationsüberfluteten Umwelt, in der sich sehr, sehr viele Menschen in allen möglichen Bereichen vermarkten und zu Prominenten entwickeln wollen, herausstechen müssen", sagt Medienwissenschaftler Schierl.

(klü)
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