Formel-1-Saisonfinale Lewis Hamiltons großer Triumph

Abu Dhabi/Düsseldorf · Sechs Jahre nach seinem ersten Triumph, damals im McLaren, gewinnt Lewis Hamilton erneut das Duell um die Fahrer-WM. Diesmal krönte er mit seinem Sieg in Abu Dhabi eine starke Saison des Mercedes-Werksteams.

Mercedes feiert Lewis Hamilton nach zweitem WM-Titel
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Lewis Hamilton ließ seine Erinnerungen gut zwei Jahre zurückwandern. "Es gab viele, die mir sagten, ich mache einen Fehler", erzählte der Engländer, der an der Rennstrecke von Abu Dhabi das Strahlen fast gar nicht mehr aus dem Gesicht bekam. Damals wechselte er von McLaren-Mercedes ins Werksteam des Stuttgarter Autobauers. Das hatte auch im dritten Jahr in der Formel 1 nicht wirklich überzeugt. Hamilton löste Michael Schumacher ab und ist nun der neue Weltmeister.

"Ich fühle, das ist nur der Anfang. Das ist mein Moment", erzählte der 29-Jährige. Er fühlt sich wohl. Dass sein Vertrag in einem Jahr ausläuft, interessiert ihn derzeit nicht. "Ich will Teil dieses Teams sein, bei seiner Entwicklung mithelfen." So, wie es einige Geburtshelfer, angeführt von Ross Brawn und Michael Schumacher, seit 2010 taten. Und jene, die wie Teamchef Toto Wolf und Niki Lauda als Aufsichtsratschef des Formel-1-Teams, vor zwei Jahren die Basis nutzen, um den Sprung nach ganz oben zu schaffen.

Hamilton und sein Teamrivale Nico Rosberg lieferten sich ein packendes Duell um den Titel - leider nicht mehr im Finale. Am Start wurde der Deutsche von Hamilton überholt. Mitte des Rennen fiel an seinem Silberpfeil das Hybridsystem ERS aus. Damit fehlten dem gebürtigen Wiesbadener satte 160 Zusatz-PS. Er war chancenlos, wollte aber nicht aufgeben und wurde von Hamilton zwei Runden vor Schluss sogar überrundet. Am Ende landete er auf Platz 14. "Ich weiß, wie es ist, eine WM zu verlieren. Ich habe ihm gesagt, dass er ein tolles Jahr hatte. Es war so intensiv das ganze Jahr zwischen uns", betonte Hamilton.

Während eine Familienurlaubs in Spanien entdeckte der zehnjährige Lewis seine Leidenschaft für den Motorsport. Vater Anthony, ein Einwanderer aus Trinidad-Tobago und von Beruf Eisenbahner, nahm zusätzliche Jobs an, um das kostspielige Hobby seines Sohnes finanzieren zu können. Als dieser dann Ron Dennis, Teamchef bei McLaren, bei einer Autogrammstunde ansprach und ihm sagte, "ich will eines Tages in der Formel 1 für Sie fahren", tat man dies noch als Fantasie eines Kindes ab.

Knapp zwei Jahrzehnte später ist Hamilton ein mehrfacher Millionär. Er ist nicht nur ein erfolgreicher Rennfahrer, sondern auch einer, der abseits der Rennstrecken in der bunten Presse für Schlagzeilen sorgt, der sich gerne in der Öffentlichkeit zeigt und seine Fans via Twitter und Facebook an seinem Privatleben teilhaben lässt. "Ich musste das Sofa und einen Stuhl zusammenstellen, und das war mein Bett - in einem Einzimmer-Apartment. Es war wirklich hart", schilderte Hamilton seine Kindheitserinnerungen. Er hat früh erlebt, dass nicht alles im Leben so läuft, wie man es sich wünscht. Sein jüngerer Bruder Nicolas ist wegen zerebraler Kinderlähmung seit der Geburt auf einen Rollstuhl angewiesen. Lewis hat eine besonders innige Beziehung zu ihm.

Heute lebt der zweimalige Weltmeister in Monte Carlo. Der 29-Jährige ist wieder mit der Sängerin Nicole Scherzinger liiert. Er hat es geschafft, alle Nebengeräusche auszublenden und sich auf seinen Job als Formel-1-Fahrer zu konzentrieren. Mercedes hat angeblich 75 Millionen Euro für Hamiltons Dreijahresvertrag bezahlt - eine gute Investition. Von seinem Management, das auch Jennifer Lopez und David Beckham betreut, hat er sich getrennt. Am Anfang hatte Vater Anthony für seinen John gesprochen und verhandelt. Hamilton hatte sich von ihm immer mehr gelöst - was die berufliche Seite betrifft. Er wollte und will mehr Einfluss auf seine Zukunft haben.

Das WM-Finale hat viel Kraft gekostete. "Als ich hier angereist bin, spürte ich so viel Druck. Ich habe versucht, das alles so gut es ging zu ignorieren. In der Nacht vor dem Rennen bin ich um 1:00 Uhr ins Bett gegangen, aber nach vier Stunden schon wieder aufgewacht. Ich ging eine Runde laufen und ließ mir dann eine Massage geben", erzählte Hamilton. Seinen Triumph erlebten auch Vater Anthony, Mutter Carmen, eine Engländerin, Bruder Nicolas und Lebensgefährtin Nicole Scherzinger mit. Sie waren am Morgen vor dem Rennen angekommen und hatten Lewis beim Frühstück überrascht.

Hamilton sprach vom schönsten Moment in seinem Leben. 2008 hatte er sich schon einmal den WM-Titel geholt. Ein Jahr zuvor schien er als Debütant schon vor dem Triumph zu stehen. Fernando Alonso (Spanien), als Weltmeister zu McLaren gekommen, musste erleben, wie wenig Respekt der junge Engländer zeigte. Die Teamrivalen bekämpften sich aufs Äußerste - und im letzten Rennen schappte sich Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen den Titel - mit einem Punkt Vorsprung.

2008 schien Hamilton schon wieder zu scheitern, feierten die Brasilianer in Sao Paulo ihren Felipe Massa schon als Champion. Doch in der letzten Kurve sicherte sich Hamilton noch Platz fünf und den Titel - mit einem Punkt Vorsprung auf den ferrari-Piloten, der gestern im Williams vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas Zweiter wurde.

(RP)
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