München/Manchester Heilsbringer van Gaal wird Buhmann

München/Manchester · Nach der Niederlage im FA-Cup wird für den Niederländer die Luft dünn bei Manchester United.

Nachdem für Manchester United nach der bitteren Pokal-Pleite gegen den FC Arsenal die nächste Saison ohne Titel perfekt war, wurde der anfangs zum Heilsbringer verklärte Louis van Gaal von der nationalen Presse zum Buhmann gemacht: "Taktisches Genie? Van Gaal ist ein Mann von gestern", urteilte die "Daily Mail" nach dem 1:2 (1:1) im Viertelfinale des FA Cup. Die BBC berichtete gar von einer "taktischen Bankrotterklärung", und der Mirror meinte: "Van Gaal spricht immer von seiner Philosophie, aber United ist eine einzige Katastrophe."

Bei seiner Vorstellung als neuer Teammanager im vergangenen Sommer hatte sich der ehemalige Bayern-Coach noch gerühmt, bisher bei jedem seiner Klubs gleich im ersten Jahr einen Pokal gewonnen zu haben. Jetzt hat van Gaal beim englischen Rekordmeister die zweite trophäenlose Spielzeit hintereinander zu verantworten - das gab es für United zuletzt vor 26 Jahren. "Das ist ein schwerer Schlag, von dem wir uns erst einmal erholen müssen", erklärte der Niederländer ungewöhnlich kleinlaut. Um die Saison halbwegs zu retten, muss er in der Premier League Platz vier halten und sich für die Champions League qualifizieren. Doch nicht nur das anspruchsvolle Restprogramm lässt die Zweifel wachsen.

Das größte Problem scheint van Gaal selbst. Der "Guardian" nannte seine taktische Linie gegen ein mutiges Arsenal um Per Mertesacker und Mesut Özil "stümperhaft und rückwärtsgewandt". Schlimmer noch: United habe ausgesehen wie unter seinem gescheiterten Vorgänger David Moyes, ach was, wie ein klassisches britisches Lange-Bälle-Team aus den 1950er-Jahren. Der Verein befände sich unter van Gaal im "fortdauernden Kater".

Dabei durfte der 63-jährige Niederländer seine Mannschaft vor der Saison für umgerechnet rund 220 Millionen Euro runderneuern. Doch ausgerechnet der mit der britischen Rekordsumme von 75 Millionen Euro teuerste Spieler, Angel Di Maria, war im Viertelfinale das Gesicht der Niederlage. Der Argentinier handelte sich die Gelb-Rote Karte ein (79.), als er Schiedsrichter Michael Oliver nach dessen Entscheidung von hinten am Trikot zerrte. "Das war nicht sehr schlau, dafür gibt es keine Entschuldigung", schimpfte van Gaal.

Zuvor hatte Wayne Rooney in der 29. Minute die Gäste-Führung durch Nacho Monreal (25.) ausgeglichen. Doch Danny Welbeck sicherte den Gunners in der 61. Minute den Halbfinal-Einzug. Ausgerechnet Welbeck, das United-Eigengewächs, das van Gaal im Sommer vom Hof gejagt hatte. Der Stürmer sei "ein Bankspieler, kein Stammspieler", hatte der Niederländer damals erklärt.

Er habe nicht erwartet, dass Arsène Wenger auf Welbeck setze, erklärte van Gaal - nicht seine einzige Fehleinschätzung. Dass Di Maria "ein Schatten seiner selbst" sei, wie United-Legende Gary Neville meinte, hat er mit zu verantworten. Die Qualität des Angreifers kommt in van Gaals Systemkorsett nicht zum Tragen. Als die Niederlage kaum mehr abzuwenden war, versuchte es van Gaal mit langen Bällen - innovativ ist anders.

Van Gaal suchte die Schuld aber nicht bei seiner Spielauslegung oder taktischen Fehlern, sondern bei der Mannschaft. "Wir haben das Spiel selbst aus der Hand gegeben, das ist die größte Enttäuschung", sagte er. Ob es nicht auch etwas Positives gab, wurde van Gaal von einem Journalisten gefragt. Er lachte nur sarkastisch.

Im Sommer soll der ehemalige Bayern-Coach trotzdem weitere 140 Millionen Euro für neue Star-Spieler ausgeben dürfen. Nach Meinung einiger Experten wäre das Geld für einen neuen Verantwortlichen auf der Trainerbank besser angelegt.

(sid)
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