Der Spieler und TV-Experte im Interview "Ist Darts überhaupt anstrengend, Herr Scholten?"

Düsseldorf · Am Freitag beginnt in London die Darts-WM. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Profi und TV-Experte Roland Scholten über die Faszination des Sports und die Chancen des deutschen Hoffnungsträgers Max Hopp.

 Roland Scholten moderiert die Darts-WM als Co-Kommentator bei Sport1.

Roland Scholten moderiert die Darts-WM als Co-Kommentator bei Sport1.

Foto: roland-scholten.com

Herr Scholten, jetzt mal ehrlich: Wie viel Bier trinkt ein Darter während einer Partie?

Roland Scholten: "Das weiß ich nicht, das ist von der Person abhängig. In den Pausen wird nicht getrunken, nur vorher ein bisschen, um ruhig zu werden und die Nerven ein bisschen zu beruhigen."

Wird nach dem Spiel getrunken?

Scholten: "Wenn man gewonnen hat schon. Und wenn man verloren hat, vielleicht auch. Dann trinkt man schon was."

Wenn im Alexandra Palace die WM beginnt, ist die Halle wieder jeden Tag voll. Die Fans kommen in Kostümen und sorgen für Volksfeststimmung. Was fasziniert die Menschen an diesem Sport?

Scholten: "Ich glaube, das Soziale. Da sind Doktoren und Straßenarbeiter in der Halle und alle sind gleich. Alle haben Spaß, und das ist wichtig. Und: Darts ist ein sehr interessanter Sport, hat alle zwei Minuten eine Klimax und eine Anti-Klimax. Und die Fans sind natürlich auch glücklich, in der Halle etwas trinken zu können.

Oft wird Darts als Kneipensport verspottet und nicht wirklich ernst genommen...

Scholten: "Im Moment ist das noch so. Aber mit der European Tour zum Beispiel ändert sich schon etwas. Anfangs hat man in Deutschland beispielsweise noch in kleinen Kneipen gespielt, heute wird auch in Düsseldorf mit knapp 2500 Fans gespielt. Das ist also kein Kneipensport mehr."

Ist Darts überhaupt anstrengend?

Scholten: "Kommen Sie mal die nächsten beiden Wochen mit mir, dann können Sie sehen, wie sportlich Dartsspieler sind. Jeder, der bei der WM mitspielt, trainiert jeden Tag. Wenn man drei bis sechs Stunden immer wieder zum Board hin- und herlaufen muss, kommen da auch sieben, acht Kilometer zusammen. Das ist nur das Laufen, dazu kommt noch die Anstrengung im Wurfarm. Zwischendurch machen die Spieler noch ein bisschen Fitness. Es ist also mehr als nur Darts werfen."

Sagt Ihnen der Name Max Hopp etwas?

Scholten: "Ja. Natürlich."

Er ist der zweitjüngste WM-Teilnehmer überhaupt und der deutsche Hoffnungsträger. Wie stehen seine Chancen?

Scholten: "Er ist ein sehr guter Spieler und es ist für ihn gut, dabei zu sein. Er wird die WM nicht gewinnen, aber es wird eine gute Erfahrung für ihn sein, auf einer solchen Bühne zu spielen. Es wird sehr schwierig, weil er gerade am Anfang gegen einen sehr routinierten Spieler antreten muss. Es ist ein bisschen abhängig davon, wie er sich auf der Bühne fühlt, wie kopfstark er ist. Da kommen mehrere Dinge zusammen: Wie geht er mit dem Publikum um? Wie geht er mit der Hitze um? Wie geht er mit den Kameras um? Aber er hat sicher die Qualität, die erste Runde zu gewinnen."

Was würde ein gutes Abschneiden des "Maximizers", wie Hoff genannt wird, für den Dartssport in Deutschland bedeuten?

Scholten: "Das wäre sehr wichtig, natürlich auch weil die WM im Fernsehen übertragen wird. Wenn er sogar unter die letzten Acht oder Vier kommt, ist das ein super Resultat und die Verbindung zu den Zuschauern zu Hause wird dann eng."

Alles wartet auf ein Duell zwischen Titelverteidiger Adrian Lewis und Phil Taylor. Ist die englische Dominanz überhaupt zu brechen?

Scholten: "Ich hoffe, dass es dieses Jahr klappt. Mein Favorit ist Michael van Gerwen (Niederlande, Anm. d. Red.), der im Moment so stark spielt. Ich glaube, er ist reif, das Turnier zu gewinnen. Aber da sind noch mehrere Kandidaten: Lewis, der aber eine sehr schlechte Saison gespielt hat. Dave Chisnall, Simon Whitlock (Australien). Und man muss abwarten, ob und wie James Wade zurückkommt, von dem wir in den vergangenen drei Monaten nicht viel gehört haben. Und natürlich hat auch Raymond van Barneveld (Niederlande) die Möglichkeit zu gewinnen, auch wenn er im Moment vom Kopf her nicht stark genug ist."

Wieso sind Sie dieses Mal nicht selbst dabei?

Scholten: "Ich habe mich nicht qualifiziert. Ich habe ein ganz schlechtes Jahr gehabt. Es gibt gute und schlechte Jahre, aber ich bin immer positiv und nächstes Jahr versuche ich, wieder dabei zu sein. Ich freue mich drauf."

Wie gefällt es Ihnen, am Mikrofon über ihren Sport zu berichten anstatt selbst an der Scheibe zu stehen?

Scholten: "Das ist super. Es macht Spaß, den Sport einem großen Publikum näher zu bringen. Und durch meine Erfahrung ist das natürlich einfach für mich. Aber ich habe Riesenspaß."

Die Fans lieben Sie wegen ihrer Gesangseinlagen und der lustigen Art der Moderation. Ist Roland Scholten ein Entertainer oder einfach so, wie er ist?

Scholten: "So bin ich einfach. Ich will immer Spaß haben, das ist wichtig beim Darts und im täglichen Leben. Bei der Arbeit muss auch mal gelacht werden."

Wie kommt man als Dartsspieler finanziell über die Runden, wenn man nicht gerade Phil Taylor oder Adrian Lewis heißt?

Scholten: "Man braucht ein bisschen Glück mit einem Sponsor. Das ganze Jahr kostet einen Spieler rund 20.000 Euro. Darunter sind Hotel, Flüge, Getränkekosten, alles. Aber wenn man gut genug spielt, gibt es natürlich die Möglichkeit, sich das Geld zurückzuholen und etwas zu verdienen."

Max Hopps großer Traum ist es, Profi-Dartsspieler zu werden. Kann er das schaffen?

Scholten: "Ja, klar. Das kann jeder schaffen. Ich habe das aus Holland doch auch geschafft. Er muss wissen, wo seine Prioritäten liegen. Wenn er das wirklich will, kann er das erreichen."

Stephan Seeger führte das Gespräch

(seeg)
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