Handball-Torwart ist deutscher Hoffnungsträger Silvio Heinevetter — der Paradiesvogel im Tor

Düsseldorf · Die Aktionen, mit denen der Berliner Handballprofi die Werfer – auch bei der WM – verunsichert, finden sich in keinem Lehrbuch.

Das ist Silvio Heinevetter
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Foto: Meuter, Peter (pm)

Die Aktionen, mit denen der Berliner Handballprofi die Werfer — auch bei der WM — verunsichert, finden sich in keinem Lehrbuch.

"Manchmal", gibt Silvio Heinevetter zu, "weiß ich auch nicht genau, was ich da tue." Intuition, Bauchgefühl und Aktionen, die in keinem Handball-Lehrbuch stehen, machen den 28-Jährigen zu einem der weltbesten Torhüter. Bei der WM in Spanien war der Profi der Füchse Berlin einer der Garanten für den Einzug ins Viertelfinale. Dort wartet am Mittwoch (19 Uhr/Live-Ticker) in Saragossa das spanische Team, das sich gegen Serbien mit 31:20 durchsetzte. Auch wenn der Gastgeber Favorit ist, "werden wir uns jetzt nicht zurücklehnen und die Beine hochlegen", betont Heinevetter.

So viele Bälle halten, dass es zum Sieg reicht: So beschreibt der Thüringer seinen Auftrag. "Ohne eine kompakte Abwehr hast du aber keine Chance. Die Jungs brauchen mich, und ich brauche sie", sagt Heinevetter. Doch gerade die Situationen, in denen der Gegenspieler unbedrängt zum Torwurf kommt und Bälle mit über 100 Stundenkilometern auf die letzte Instanz zufliegen, in denen es schon mal wehtun kann, sind die Momente, die das ganze Team pushen können, wenn der Torhüter hält.

Wie im WM-Achtelfinale gegen Mazedonien (28:23). Als Dejan Manaskov zum Wurf ansetzte, waren Heinevetters linker Arm und linker Fuß fast unter der Torlatte, während die rechten Extremitäten beinahe den Boden berührten. Manaskov traf den rechten Fuß, Deutschland erhöhte im Gegenzug auf 19:16. Heinevetter hatte mal wieder seinen Job gemacht.

"Ich bin nicht so der eifrige Video-Gucker", gibt der Torhüter zu. 20 bis 30 Prozent, wenn überhaupt, beeinflusst das Studium von Wurfbildern sein Spiel, denn "die Leute, die dich überwinden wollen, sind ja auch nicht doof". Heinevetter ist reifer geworden. Er brennt aber im Spiel noch immer auf Höchstflamme, doch kommen die Provokationen, wenn er nach Paraden den Werfer — auch schon mal über das halbe Spielfeld — verfolgte, ihn anschrie und wild gestikulierte, nur noch selten vor.

Heinevetter, der Extrovertierte, das Gesicht einer TV-Werbung, und Carsten Lichtlein (32), der Zuverlässige, der mit der Rolle der Nummer zwei gut leben kann — sie haben die vier Hände, die für Deutschland halten, und bilden ein perfektes Gespann. So ersetzte der Lemgoer gegen Argentinien den schwachen Berliner, zeigte eine starke Leistung. Dennoch saß er ohne Murren in der nächsten Partie wieder auf der Bank, diente bei Spielunterbrechungen als Gesprächspartner und Trinkflaschenlieferant — so, wie es Heinevetter auch tun würde, wenn es denn sein muss.

Als der kleine dicke Junge ins Tor gesteckt wurde, war dies der Beginn einer erfolgreichen Karriere. "Ich musste nicht so viel laufen und konnte mir das Spiel in Ruhe von hinten ansehen", erzählt Heinevetter lächelnd. Noch immer ist die Phase der Saisonvorbereitung für ihn ein notwendiges Übel. "Ich bekomme jetzt schon Angstschweiß, wenn ich daran denke", sagt er.

Angstschweiß sollen möglichst die spanischen Profis morgen haben, wenn sie den seit über vier Jahren mit der Schauspielerin und Tatortkommissarin Simone Thomalla liierten Heinevetter überwinden wollen. Dass seit 2005 der WM-Gastgeber immer das Halbfinale erreicht hat, interessiert den Torhüter nicht. Die deutschen Spieler trauen sich viel zu — auch dank Heinevetter.

(RP/can)
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