Motorsport Die DTM kämpft ums Überleben

Düsseldorf · Die Automobilhersteller überprüfen ihr Engagement im Motorsport. Großes Interesse weckt die Formel E, deren Rennen mit Elektroautos bestritten werden. Die traditionellen, kostenintensiven Serien stehen auf dem Prüfstand.

DTM: Alle Sieger seit 2000
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Alle DTM-Sieger seit 2000

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Foto: dpa, jt jhe jai

Die Nachricht am späten Montagabend war ein Keulenschlag, sagt Gerhard Berger. Der traf den früheren Formel-1-Fahrer aus Österreich unvorbereitet. Seit dieser Saison soll der 57-Jährige als Chef der Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) der Serie neuen Schwung verpassen. Da ist der Rückzug des Herstellers Mercedes, dessen Bedeutung viele mit der von Ferrari für die Formel 1 gleichsetzen, nicht hilfreich. Ob BMW und Audi weitermachen und ab 2019 wie schon Mercedes und Audi von 2006 bis 2011 nach dem Ausstieg von Opel (schloss ein Comeback schon aus) alleine weitermachen, ist noch ungewiss. Auch, ob weiter die ARD oder ein anderer TV-Sender die Rennen übertragen wird. Die Entscheidung fällt im Herbst.

Wenn Hersteller in den Motorsport drängen, geht es nicht allein um sportlichen Erfolg. Die Rennserien dienen vor allem als Marketing-Bühne. Letztlich sollen Autos verkauft, soll die technische Kompetenz bewiesen werden. Man habe diskutiert, welche "die besten Plattformen für uns sein könnten auch im Hinblick auf den Launch unserer neuen Elektrofahrzeuge 2019/20", sagte Toto Wolff. Der Motorsportchef der Schwaben betätigte damit, dass Geschäftsinteressen die sportlichen Aspekte ausstachen. Der Österreicher sprach vom Zeitgeist, der im Automobilrennsport in eine andere Richtung gehe.

Ab 2019 steigt Mercedes bei der Formel E ein, die seit der eher belächelten Premiere im Jahr 2014 immer mehr Interessenten gewinnt. Audi ist ab Anfang Dezember dabei, wenn die Saison in Hongkong beginnt. Ende 2018 startet auch BMW in der leise und umweltfreundlicheren Serie. Um dort mitzufahren, braucht man nur ein Drittel des Etats, der in der Formel 1 gestemmt werden muss. Noch, denn der Einstieg der Hersteller hat noch immer die Kosten explodieren lassen. Die Formel 1 lässt grüßen.

Nicht nur die DTM muss Aussteiger verkraften. Mercedes war immerhin so nett, das Ende schon eineinhalb Jahre im Voraus bekanntzugeben. VW gab, nachdem die Wolfsburger seit ihrem Einstieg in die Rallye-WM vier Jahre lang alle Titel holten, Ende 2016 von jetzt auf gleich auf. Audi beendete im vergangenen Jahr seine Teilnahme an der Langstrecken-WM ohne Vorwarnung.

Einen Plan B, das gibt Gerhard Berger zu, habe er noch nicht. Er weiß, dass die Zeit drängt. "Wir müssen ein tragfähiges Konzept entwickeln", sagt der Unternehmer. Klingt einfach, ist es aber nicht. Dabei war die kostenintensive DTM auf einem guten Weg, doch der Rückzug "wirft uns schon sehr zurück", betont Berger. Dass seit mehreren Rennen hauptsächlich über Performance-Gewichte diskutiert wird, die erfolgreichen Autos zugepackt werden, um die Chancengleichheit zu erhöhen, habe bei der Diskussion um den Verbleib sicher nicht geholfen, betonte Mercedes-Motorsportchef Wolff. Der Sport sei in den Hintergrund getreten.

Der Versuch, erfolgreiche Arbeit zu bestrafen, damit möglichst jeder Mitbewerber eine Siegchance hat, zerstört die DNA des Motorsports (siehe auch Formel 1). Dazu kommt, dass sich die Rahmenbedingungen verschoben haben. Vor fünf Jahren hat niemand ernsthaft an Alternativen wie die Formel E gedacht. Statt gemeinsam einen Weg zu gehen, der den sportlichen Aspekt betont, waren die Hersteller oft nur auf ihren Vorteil fixiert.

Extremstes Beispiel: die Formel 1. Statt Kosten zu reduzieren, suchte man neue Geldquellen. Rennstrecken, die längst keine Rolle mehr spielen (Südkorea, Indien, Türkei), wurden gebaut, um neue Märkte zu öffnen. Tickets für Fans wurden teurer, weil die Streckenbetreiber die Startgelder nicht mehr zahlen konnten. Kostenintensive Serien stehen auf dem Prüfstand.

Sicher ist: Motorsport gibt es weiter - auch ohne Hersteller mit Werksteams.

(RP)
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