Zuschauer bei Prolog verletzt Rallye Dakar startet mal wieder mit einer Debatte um die Sicherheit

Buenos Aires · Standen die Zuschauer zu nah an der Strecke? Oder unterlief Guo Meiling kurz vor dem Unfall schlicht ein verhängnisvoller Fahrfehler mit ihrem 320-PS-Boliden? Und vor allem: Hätte das Unglück verhindert werden können? Nach dem Horror-Start der 38. Rallye Dakar mit mehreren teils schwer verletzten Zuschauern steht der französische Veranstalter ASO in der Kritik und muss sich schon nach wenigen Kilometern unangenehme Fragen stellen lassen.

Zuschauer bei Unfall verletzt
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Foto: ap

Am Samstag hatte die chinesische Dakar-Debütantin Meiling, die als erste Frau überhaupt aus dem Reich der Mitte die Rallye bestreitet, beim kurzen und ungewöhnlich schnellen Prolog die Kontrolle über ihren Mini verloren und war in die Zuschauermenge gerast. Im Internet kursiert ein kurzes Amateurvideo, das die letzten Sekunden vor dem Unfall zeigt. Dabei rast die 47 Jahre alte Geschäftsfrau am Steuer des fast zwei Tonnen schweren Fahrzeugs auf die Kamera zu, ehe der Wagen plötzlich ausbricht.

Bei dem Unfall erlitten zwei Zuschauer, ein 34-jähriger Mann und sein 10 Jahre alter Sohn, schwere Verletzungen. Sie wurden per Hubschrauber und Rettungswagen in ein umliegendes Krankenhaus gebracht, befanden sich am Sonntagvormittag aber nicht mehr in einem kritischen Zustand. Weitere Zuschauer, draunter auch eine schwangere Frau, erlitten "leichte" Verletzungen und müssen keine Folgeschäden befürchten.

Die ASO sprach von insgesamt zehn Fällen, Medienberichten zufolge könnte es aber auch weitere Verletzte geben. Gerüchte, die ASO könne den Start der ersten Etappe am Sonntag absagen oder verschieben, hielten sich bis in die Nacht, sie bewahrheiteten sich aber nicht.

Zumindest für Guo Meiling war die Rallye aber vorbei, bevor sie richtig begann. Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus trat sie nicht zur ersten Etappe an, der Mini mit der Startnummer 360 wurde über Nacht von der Polizei untersucht.

Eine komplette Absage des ersten Teilstücks wäre aber auch ein kaum machbarer Schritt gewesen. Für viele Fans und Fahrer gilt die Dakar als größtes Motorsport-Abenteuer überhaupt, Kritiker sehen das Spektakel dagegen als überflüssiges Himmelfahrtskommando für Hasardeure. In Südamerika jedenfalls erfreut sich die Marathon-Rallye größter Beliebtheit, schon zur Podiumsvorstellung in der Mittagshitze von Buenos Aires strömten am Samstag Tausende Fans. Auch in den nächsten Tagen werden im weiteren Streckenverlauf in Argentinien und Bolivien Menschenmassen an den Straßen erwartet.

Schnell ein Autogramm, ein Selfie, ein Blick auf die imposanten Rallye-Boliden: Die Nähe des Publikums zu den Stars der Szene macht den Charme der Dakar aus, sie birgt aber auch Gefahren - wie der neuerliche Zwischenfall im Prolog zeigt.

Seit der ersten Dakar 1978 sind 66 Fahrer, Zuschauer und Journalisten bei der Marathon-Rallye ums Leben gekommen. Erst 2014 verstarben zwei argentinische Journalisten bei einem Unfall, 2015 konnte dem dehydrierten polnischen Motorrad-Piloten Michal Hernik nicht mehr geholfen werden.

2016 sollten eigentlich die sportlichen Schlagzeilen im Vordergrund stehen, es wäre auch genügend Material für gute Geschichten da: Das Duell Mini gegen Peugeot beispielsweise, das Wiedersehen der beiden ehemaligen Rallye-Größen Sebastien Loeb und Mikko Hirvonen, das Abschneiden der deutschen Co-Piloten um Dirk von Zitzewitz. Vorerst sind die sportlichen Leistungen aber wieder einmal in den Hintergrund geraten.

(sid)
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