Olympia 2016 Bogenschützin Unruh schreibt mit Silber Geschichte

Lisa Unruh hat Olympia-Geschichte geschrieben. Mit der ersten Einzelmedaille in der Geschichte des deutschen Bogenschießens krönte die Berlinerin ihre noch junge Karriere.

Olympia 2016: Sensations-Silber mit dem Bogen für Lisa Unruh
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Silber mit dem Bogen für Lisa Unruh

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Schon vor dem Gold-Finale umarmte Bogenschützin Lisa Unruh freudestrahlend ihren Trainer. Die Berlinerin hatte bei Olympia den deutschen Bogenschützen gerade ihren größten Einzel-Erfolg beschert. Denn noch nie gab es eine Einzelmedaille. Und nun kämpfte die 28-Jährige im Finale um den Olympiasieg gegen die Südkoreanerin Chang Heyjin. Auch wenn sie das Finale ihres Lebens mit 2:6 verlor, war sie überglücklich.

SILBER für Lisa Unruh! Das ist phänomenal! #WirfuerD #Rio2016 pic.twitter.com/sX8RcDTuCk

— Olympiamannschaft (@OlympiaMschaft) 11. August 2016"Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Das ist der größte Moment in meinem Leben", sagte sie. Später bei der Siegerehrung schaute die Hallen-Weltmeisterin immer wieder strahlend auf ihre Silber-Medaille. Aus gutem Grund: Bislang hatte es für Deutschlands Bogenschützen lediglich 1996 in Atlanta Silber und 2000 in Sydney Bronze durch die Frauen-Mannschaft gegeben. Sie wunderte sich noch immer ein wenig über ihren Coup: "Es ist der Wahnsinn, was jetzt los ist, ich wollte unter die Top Ten und habe jetzt eine Medaille." Das gelang ihr ganz prima – nun wünscht sie sich einen Schub für ihren Sport: "Ich hoffe, dass jetzt viele Kinder mit dem Bogenschießen anfangen."

"Ich habe viele starke Schüsse gemacht, vor allem in den richtigen Momenten haben die alle gesessen", sagte Unruh. Tatsächlich legte sie vor spektakulärer Kulisse im Sambodrom von Rio, wo an Karneval die berühmten Samba-Schulen entlang ziehen, den Wettkampf ihres Lebens hin. Zwar war sie im Frühjahr Weltmeisterin in der Halle gewordern, doch dort wird aus deutlich kürzerer Entfernung geschossen. Zudem waren Südkoreas Topathleten nicht am Start.

Wo sonst der Karneval durchs Rios Straßen zieht, ließ es Unruh im Sambodromo so richtig krachen, auch wenn es zum ganz großen Wurf nicht reichte. Mit ihrem beigen Schlapphut auf dem Kopf verlor sie bei starkem Seitenwind den ersten Satz. Der zweite Durchgang ging dann mit 28:26 an Unruh. In ihrem kleinen Büchlein machte sie sich immer wieder Notizen. Doch Chang Heyjing, Nationalheldin in ihrer Heimat, ließ sich nicht beirren und machte alles klar.

Im Halbfinale hatte Hallen-Weltmeisterin Unruh die Mexikanerin Alejandra Valencia mit 6:2 bezwungen. Im Viertelfinale setzte sich die Bundespolizeianwärterin gegen Tan Ya-Ting aus Taiwan mit 6:5 im Stechen durch. Schon das war bis dahin der größten Erfolg einer deutschen Bogenschützin bei Olympia.

Dabei ist Bogenschießen eine uralte Sportart und sehr anstrengend. "Man braucht eine starke Körperspannung und -beherrschung", sagt Unruh. Sie sei ständig im Kraftraum, trainiere beim Schwimmen und Laufen die Ausdauer. "Die brauche ich im Wettkampf auch, um die Konzentration hochzuhalten", sagt sie.

Aus dem Mittelmaß bis in die Weltspitze

Erst in den letzten fünf Jahren war Unruh aus dem Mittelmaß bis in die Weltspitze aufgestiegen. Großen Anteil daran hatte vor allem Bundestrainer Oliver Haidn, der seit 2011 im Amt ist. Ein Mathematik-Sportlehrer, der die Grundlinien des Hochleistungssports perfekt beherrscht. Und sie auch von seinen Athleten rund um die Uhr einfordert. Aber er hat auch klare Forderungen: "Damit wir im Konzert der Großen auf Dauer mithalten können, benötigen wir ein Zentrum mit einer 70-Meter-Schießhalle sowie einem Bogenschießplatz im Freien direkt daneben." Nur so könne ganzjährig ein Training unter optimalen Bedingungen stattfinden.

So weichen die Bogenschützen – wie in diesem Jahr – in warme Gefilde aus. Sie trainierten im türkischen Belek bei einer schönen Strandatmosphäre. Ständig dabei die Kamera von Trainer Haidn, der nichts dem Zufall überlassen will – egal ob bei Gleichgewichtsübungen, Rückenrumpfprogramm oder bei der Grundausdauer. Alles wird akribisch festgehalten und ausgewertet. "der Leistungsgedanke ist bei unseren Sportlern eine Grundvoraussetzung und beschränkt sich nicht nur auf das Wettkampfgeschehen. Wir erwarten von unseren Athleten, dass sie für sie dieser Gedanke allgegenwärtig ist", sagt Haidn.

So wurde auch das Athletenmanagement auf ein höheres Level gefahren. "Unser Vorteil ist, dass wir um bestehende Ressourcen des Deutschen Schützenbundes, wie das duale System durch Hanne Aslanidis und Leistungssportpersonal um Claudia Hess, auch Expertengruppen rund um das Team aufgebaut haben." Das betreffe auch die psychologische Seite mit Gregor Kuhn oder die Sportwissenschaft mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig um Stefan Müller und Janine Blenke.

(dpa)
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