"Wie in einem Volkslauf" DLV-Sportdirektor schimpft auf die Marathon-Zwillinge

Rio de Janeiro · In ungewöhnlicher Schärfe hat der Deutsche Leichtathletik-Verband den Marathon-Auftritt der Hand ins Hand über die Ziellinie gelaufenen Zwillinge Lisa und Anna Hahner bei den Rio-Spielen kritisiert.

Olympia 2016: Lisa und Anna Hahner laufen beim Marathon Hand in Hand ins Ziel
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Hahner-Zwillinge laufen Hand in Hand ins Ziel

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"Einen olympischen Lorbeer haben sich die Hahner-Zwillinge mit ihrem Auftritt und ihren Leistungen nicht verdient", schimpfte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen am Montag in Rio de Janeiro. "Hand in Hand geht man spazieren, aber nicht über eine olympische Marathon-Distanz."

Die Hahner-Geschwister hatten ihr olympisches Marathon-Rennen mit mehr als 21 Minuten Rückstand auf die Siegerin und mehr als 15 Minuten über ihren Bestleistungen auf Platz 81 und 82 beendet. "Es wirkte so, als absolvierten sie einen Volkslauf und nicht die olympische Entscheidung", wetterte Kurschilgen. Die Hahner-Zwillinge wollten sich dazu am Montag nicht öffentlich äußern. "Wir lassen das unkommentiert", sagte Manager Thomas Dold.

Kurschilgen äußerte sein Unverständnis über die Nonchalance der beiden Athletinnen. Wenn Platzierung und Zeit bei einem olympischen Wettbewerb in den Hintergrund treten, wie es beide unmittelbar nach dem Zieleinlauf formuliert hatten, "dann ist das respektlos und ein Schlag ins Gesicht gegenüber allen anderen Athleten der deutschen Olympiamannschaft".

Olympia 2016: Luik-Drillinge posieren im Ziel
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Luik-Drillinge posieren im Ziel

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Bei Olympia dürfe "die PR-Strategie nicht über den Interessen" einer deutschen Nationalmannschaft stehen, kritisierte Kurschilgen. Die "Hahner-Twins" hatte zwei Tage zuvor bei einem PR-Termin ihres Ausrüsters in Interviews sowie mit Foto-Shootings und Filmaufnahmen kräftig für sich geworben.

Bei den Olympischen Spielen würden die Besten der Besten aus allen Ländern und Kontinenten antreten und ihre Sieger ermitteln. "Damit grenzt sich ein olympisches Finale, ein olympischer Marathon von Fun-oder Fitnessbewegungen, Volks- oder Hobbyläufen ab", argumentierte Kurschilgen. "Das ist die Ästhetik des Leistungssports, der sich die Athleten einer Olympiamannschaft oder einer Nationalmannschaft stellen sollten." Es gehe immer auch um die Art und Weise, wie eine Leistung erbracht werde. "Das macht neben dem Sieg für jeden einzelnen Akteur den Wert seines Spitzensports aus".

Lisa und Anna Hahner hatten ihr Rio-Rennen auf Facebook so kommentiert: "Platz 81 und 82. Definitiv nicht das, was wir uns erhofft haben. Ob wir zufrieden sind? Nein. Das Überqueren der Ziellinie? Dennoch eines unser größten sportlichen Momente."

Seit vier Jahren hätten sie auf diesen Moment hingelebt und hintrainiert. "Dafür sind wir im Training an unser Limit und ab und zu auch darüber hinaus gegangen", betonten sie. "Danke, an alle, die mitgefiebert haben. Wir wollen euch an unseren Lauferlebnissen teilhaben lassen." Und am Ende folgte noch der Hinweis: "Alle, die kein Interesse daran haben, dürfen die Seite gerne disliken."

DLV-Disziplintrainerin Katrin Dörre-Heinig hatte sich unmittelbar nach dem Marathon ebenfalls kritisch geäußert. "Die Ablenkung war viel zu groß", monierte sie. Zudem sei der Kontakt mit den Zwillingen sehr schwierig, weil Hahner-Manager Dold während der Saison alles abblocke. "Hier durfte ich mal mit ihnen sprechen", sagte Dörre-Heinig.

(dpa)
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