"Verletzend und unsportlich" Reiterverband kritisiert ARD-Kommentator Sostmeier scharf

Rio/Düsseldorf · ARD-Kommentator Carsten Sostmeier ist eine Legende des Reitsports, obwohl er beruflich nicht im Sattel, sondern am Mikro sitzt. Am Montag löste er mit seinem Bericht über den Geländeritt von Julia Krajewski aber Empörung aus.

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Foto: dpa, frg hak

"Bei aller Fachkenntnis von Herrn Sostmeier und seiner Nähe zum Reitsport – in seinem Kommentar hat er sich klar vergaloppiert", sagte Dennis Peiler, Chef de Mission der deutschen Reiter in Rio de Janeiro, in einer Mitteilung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung FN. Sostmeier reiße zwar viele Zuschauer mit, sein Kommentar über die junge Vielseitigkeitsreiterin sei aber unsportlich und beleidigend gewesen.

Krajewski, deren schwacher Geländeritt Deutschland wohl um die Goldmedaille im Team brachte, hatte von der Reporter-Legende eine vernichtende Kritik erhalten. "Zweite Verweigerung, am Wasser sagt das Pferd: Mädel, was willst du eigentlich? Schlimmer geht's nimmer. Jetzt nimmt sie den Weg der Angsthasen, den der blassen Nasen", sagte Sostmeier. Zudem bescheinigte er Krajewski "einen braunen Strich in der Hose".

"Mit einer fairen und sachlichen Berichterstattung hatte diese verbale Entgleisung nichts zu tun", sagte Peiler. "Julia Krajewski zählt zu den größten Talenten, die wir im Vielseitigkeitssport haben. Sie hat im Vorfeld bewiesen, dass sie den Anforderungen der Olympischen Spiele gewachsen ist", sagte Peiler. "Der gestrige Wettbewerb hat gezeigt, dass auch Reiter, die zu den Erfahrensten und Etabliertesten der Welt zählen, nicht ohne Probleme durch den Kurs gekommen sind. Dass eine junge Sportlerin auf diesem Terrain auch Fehler machen kann, ist mehr als menschlich."

ARD und Kommentator entschuldigen sich

Sostmeier entschuldigte sich am Dienstag "aus tiefstem Herzen. Es liegt mir fern, Sportler beleidigen zu wollen", sagte Sostmeier auf Anfrage. "Die Wortwahl war völlig unangemessen", sagte ARD-Teamchef Gert Gottlob der dpa. Er könne sich im Namen der ARD nur entschuldigen: "Ich verspreche, dass das nicht wieder passieren wird." Zu möglichen Konsequenzen für Kommentator Sostmeier wollte Gottlob sich nicht äußern.

Auch die deutsche Mannschaftsleitung in Rio hat sich zu Sostmeiers verbaler Entgleisung geäußert. Man müsse vor allem die Jungen im Team unterstützen, sagte Chef de Mission Michael Vesper: "Auf keinen Fall darf man sie verächtlich machen, sondern gerade sie verdienen Respekt für ihre Leistungen, die sie überhaupt nach Rio gebracht haben."

Schon vor vier Jahren hatte Sostmeier sich Ärger eingehandelt. Damals sagte er, in Anspielung auf Olympia 2004: "Dann kamen die Franzosen, die Briten, die Amerikaner, und am grünen Tisch haben sie uns mit einer fragwürdigen Entscheidung die Goldmedaillen weggerissen. Und das haben sich die Deutschen gemerkt. Denn seit 2008 wird zurückgeritten." Das Zitat erinnerte an die Worte von Adolf Hitler 1939 nach dem Überfall auf Polen, der den Beginn des zweiten Weltkrieges markierte ("Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen."). Sostmeier hatte sich auch in diesem Fall anschließend entschuldigt. "Es tut mir sehr leid, wenn ich mit meinen Äußerungen für Irritationen gesorgt habe. Ich entschuldige mich dafür."

(areh)
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