Diskussion um Olympia-Abstellung Dabei sein ist fraglich

Düsseldorf · Knapp sieben Monate vor dem Start des olympischen U23-Fußballturniers (3. bis 20. August) gibt es noch keine Einigung darüber, welche Spieler nach Rio de Janeiro reisen werden. Die Entscheidung liegt nicht nur bei den Nationaltrainern, sondern auch bei den Vereinen.

Die Gewinner und Verlierer der U21-EM aus dem Team von Horst Hrubesch
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Die Gewinner und Verlierer der U21-EM

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Foto: afp, JKL ej

Da das olympische Turnier keine Veranstaltung des Weltverbandes Fifa ist, besteht für sie keine Abstellungspflicht. Nun wollen Bundesliga-Klubs und Verbände eine Übereinkunft herbeiführen. "Es darf dann nicht so sein, dass einige Klubs vier Profis abstellen und andere gar keinen", sagt Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler.

Für die Bundesliga ist das Thema wichtiger als in den vergangenen Jahren, da der DFB erstmals seit 1988 in Seoul wieder eine Auswahl bei den Olympischen Spielen stellt. "Natürlich wollen wir eine gute deutsche Olympiamannschaft nach Brasilien entsenden, aber jeder Verein vertritt natürlich auch seine eigenen Interessen", betont Völler. Zentrale Argumente der Vereine sind das Fehlen der Akteure in der entscheidenden Phase der Sommervorbereitung und mögliche Überbelastungen. Da für die Nationalspieler nach Ende der Bundesliga-Spielzeit (14. Mai) die EM in Frankreich (10. Juni bis 10. Juli) ansteht, sorgen sich die Verantwortlichen um die Regeneration vor dem Start in die neue Saison (26. August). Vor den Olympischen Spielen 2012 in London hatte der englische Fußballverband deshalb beschlossen, dass für das Team Großbritannien zumindest keine Spieler nominiert werden, die zuvor die EM in Polen und der Ukraine gespielt haben.

Das Olympia-Regelwerk sieht bereits eine Einschränkung vor, was das Alter der Teilnehmer betrifft: Nur drei Spieler, die vor dem 1. Januar 1993 geboren wurden, sind pro Kader teilnahmeberechtigt. Mesut Özil (27, Arsenal London) hatte sich im vergangenen September für das deutsche Olympia-Team ins Gespräch gebracht. Bundestrainer Joachim Löw erklärte kurz später, dass aufgrund der hohen Belastung kein Spieler sowohl EM- als auch Olympia-Turnier spielen werde. Der zurückgetretene Weltmeister Philipp Lahm winkte bereits ab. Per Mertesacker und Miroslav Klose, die ebenfalls ihren Rücktritt erklärt haben, könnten Optionen sein. U23-Coach Horst Hrubesch äußerte aber, dass die Spieler des U 21-Teams, das für die Qualifikation gesorgt hatte, Priorität haben.

Nun stehen bei den Bundesligisten aber nicht nur deutsche Spieler zur Auswahl. Deshalb sagt Völler: "Es gibt Gedankenspiele, die Abstellungen der Spieler pro Verein zu limitieren - und zwar unabhängig von ihrer Nationalität." Diese Gedankenspiele werden zwischen DFB, Deutscher Fußball Liga sowie den betroffenen Vereinen diskutiert. Die Fäden laufen beim DFB in Person von Hansi Flick zusammen, der die Organisation übernimmt. "Ob das ein oder zwei Spieler sein werden, kann ich noch nicht sagen. Das wird demnächst geklärt. Das wichtigste aus Sicht der Vereine ist, dass es ein Limit geben wird", sagt Völler. Die DFL teilte auf Anfrage mit, dass durch die Ansetzung des ersten Bundesliga-Spiels auf den 26. statt den 19. August dem Olympia-Turnier bereits Rechnung getragen wurde. Nun würden weitere Kriterien für die Abstellung erarbeitet.

Diese Übereinkunft dürfte für die Verbände eine große Hürde darstellen. Die Nominierung der 18 Mann umfassenden Kader würde folglich nicht ausschließlich nach sportlichen Kriterien erfolgen, sondern im Stile eines Tauschbasars ablaufen.

Diese deutschen Teams in Ballsportarten sind dabei – oder nicht
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Foto: ap, AK

Ein Beispiel: Wendell, 22-jähriger Brasilianer von Bayer Leverkusen, gilt als sicherer Kandidat für die U 23-Selecao. Ihm die Erfüllung des Traums von Olympischen Spielen in der Heimat zu verwehren, ist unwahrscheinlich. Alleine, um den international umworbenen Linksverteidiger nicht zu vergraulen. Für Hrubesch würde das bedeuten, dass er aus Leverkusen maximal noch einen Spieler nominieren könnte. In Jonathan Tah, Julian Brandt und Levin Öztunali (derzeit an Werder Bremen ausgeliehen) stehen aber mehrere Akteure zur Auswahl, die feste Größen in den deutschen Junioren-Auswahlteams sind.

Auch bei Borussia Mönchengladbach ist das Thema präsent. "Entscheidend ist, dass wir alle gleich betroffen sind. Wir sind in guten Gesprächen mit dem DFB", sagt Sportdirektor Max Eberl. Im Gladbacher Kader stehen für eine Nominierung der Däne Andreas Christensen und der deutsche U 20-Nationalspieler Mahmoud Dahoud im Fokus. Eine Rolle könnte auch der 27-jährige Lars Stindl spielen.

Zu harten Entscheidungen dürfte es auch beim 1. FC Köln kommen: In Timo Horn, Dominique Heintz, Yannick Gerhardt und Leonardo Bittencourt stehen vier aktuelle, deutsche U 23-Spieler unter Vertrag.

(RP)
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