Stockholm 1912 Der tiefe Fall von "Jim" Thorpe

Athen (rpo). Bei den Sommerspielen von Stockholm war James "Jim" Thorpe 1912 als überragender Athlet der gefeierte Held. Kein Jahr später wurde er mit Schimpf und Schande aus der olympischen Famile ausgeschlossen. Auslöser waren ein Baseballspiel und 60 Dollar.

Weil er in einer unterklassigen Liga Baseball spielte und dafür als Halbprofi 60 Dollar kassiert hatte, wurde der US-Amerikaner indianischer Abstammung das erste prominente Opfer der Amateurregel. Am 7. und 15. Juli 1912 gewann Thorpe im Alter von 24 Jahren Gold im Fünf- und Zehnkampf. "Sie sind der größte Athlet der Welt", gratulierte ihm Schwedens König Gustav V., Russlands Zar Nikolaus schenkte ihm eine mit Juwelen geschmückte Schale.

Doch am 26. Mai 1913 war sein Triumph nichts mehr wert, musste er seine Medaillen wieder abgeben. Damit nicht genug: Das IOC und der US-Verband sperrten ihn auf Lebenszeit. Diese menschliche Tragödie schuf eine Legende um ihn, die ihn berühmter machte als alles Edelmetall und alle Weltrekorde es wohl getan hätten.

(Zu) spät rehabilitiert

Thorpes Vater gehörte zum Stamm der Sac-Fox-Indianer. Als Kind besuchte er eine Indianerschule in Carlisle in Pennsylvania, wo seine enorme sportliche Begabung entdeckt wurde. Bald erwies er sich auch als Ass im Baseball und American Football. Als Leichtathlet war er jedoch Extraklasse. In Stockholm absolvierte Thorpe den Fünf- und den Zehnkampf derart überlegen, dass seine Leistung auch 30 Jahre später noch zu Medaillen gereicht hätte. Im ersten Zehnkampf seines Lebens gewann er sieben Disziplinen und verbesserte den Weltrekord um unglaubliche 998 Punkte.

Bei der Rückkehr in die USA wurde der Held in New York mit einer Konfetti-Parade gefeiert. Doch der Indianer hatte auch viele Neider, wurde verraten und verstoßen. Während seiner Schulzeit hatte der arme Junge ab und zu ein paar Dollar als Baseballspieler kassiert. Nun tauchten die Belege auf, das wurde ihm zum Verhängnis. Den Kummer über das Unrecht überwand er nie.

1932 hatte er nicht einmal mehr genug Geld, um sich eine Eintrittskarte für die Sommerspiele in Los Angeles zu kaufen. Freunde verhalfen ihm zu einer Bar in Los Angeles, doch in der Rezession konnte er sich damit nicht über Wasser halten.

Nur wenige hielten sein Andenken hoch, wie seine kleine Heimatsstadt Carlisle, die sich "Jim-Thorpe-Town" nennt und dem einstigen König der Athleten ein Denkmal gewidmet hat. 70 Jahre nach seiner Disqualifikation in Stockholm wurde Thorpe durch das IOC 1982 "begnadigt". IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch überreichte Thorpes Tochter Gayle und Sohn William zwei Repliken der beiden Goldmedaillen von 1912.

"Der Name Thorpe kehrt in die Siegerlisten der Olympischen Spiele von 1912 zurück", verkündete der Spanier. Für Jim Thorpe selbst kam die sportliche Auferstehung fast 30 Jahre zu spät. Er war er am 28. März 1953 in Carlisle gestorben, verbittert und dem Alkohol verfallen.

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