Olympia-Kolumne Gary Lineker, der TV-Moderator

London · Es ist wohl besser, sich nicht vorzustellen, wie Miroslav Klose die Sportschau moderiert, wie Mario Gomez durchs Aktuelle Sportstudio führt oder Lukas Podolski bei den Olympia-Sendungen als Gastgeber in ARD oder ZDF auftritt. Ein Stürmer der Fußball-Nationalmannschaft als Gallionsfigur des Fernsehsports – das ist wohl eher etwas für die Sparte Lach- als für die Abteilung Sachgeschichten.

In Deutschland jedenfalls. Auf der Insel sieht das völlig anders aus. Als Hauptmoderator bei BBC 1 tritt an jedem Olympia-Abend ein alter Bekannter vom Rasen auf. Gary Lineker (52), 80-maliger englischer Nationalspieler, führt durch die Sendungen. Und auch wenn man noch so kritisch herangeht, muss man sagen: Der Kerl macht seinen Job glänzend. Das weiß er und verlangt deshalb ein beachtliches Honorar. Als Frontmann der Fußballsendung "Match of the day" bekommt er jährlich zwei Millionen Pfund. Damit ist er der bestbezahlte Moderator der BBC.

Sicher wie einst im Strafraum wandelte er am Sonntagabend über die Tartanbahn des Olympistadions. Er brachte den Fernsehzuschauern den Ort nahe, an dem einige Zeit später Usain Bolt seine zweite Goldmedaille im Sprint über 100 Meter erringen sollte. In lässig eleganter Kleidung – schwarzer Anzug, weißes Hemd, keine Krawatte, dunkelbraune Schuhe – bewegt er sich ungezwungen vor der Kamera. Mit seiner Sonnenbräune und dem grauen Haar wirkt er charmant. Sein freundlicher Gesichtsausdruck macht ihn sympathisch.

Im Studio scheinen sich hochkarätige Gäste und Experten wie der frühere australische Schwimmer Ian Thorpe, der ehemalige US-Leichtathlet Michael Johnson oder Tennislegende John McEnroe wohl zu fühlen. Lineker vermittelt ihnen das Gefühl, dass er alle Sportarten ernst nimmt, dass er sich für Reiten und Schießen, für Boxen und Gewichtheben genauso interessiert wie für Rudern und Radsport. Die Erfolgsserie der Briten erleichtert ihm die Arbeit freilich ein wenig. Am Samstag allerdings musste er einmal in den Freudentaumel grätschen.

"Einige Dinge ändern sich eben nie", sagte Lineker, als er die Nachricht vom Aus der britischen Fußballer im Elfmeterschießen gegen Südkorea vortragen musste. Lineker gelingen Volltreffer, so wie einst sein (frei übersetzter) Spruch "Fußball ist, wenn 22 Mann hinter einem Ball herrennen und am Ende Deutschland gewinnt". Vielleicht liegt vor Lukas Podolski noch eine ähnliche Karriere. Als Neu-Londoner hat er ja Gelegenheit, den Engländer im Fernsehen zu studieren.

(RP/seeg)
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