Klagen erwartet IOC-Entscheidung führt ins Chaos

München · Die Schwimmerin Julija Jefimowa will gegen ihren Olympia-Ausschluss vor Gericht ziehen – wohl mit guten Aussichten. Bei internationalen Sportverbänden geht die Angst vor Schadenersatzklagen um. Die IOC-Entscheidung hat Chaos gestiftet.

Olympia 2016: In diesen Sportarten dürfen russische Sportler starten
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In diesen Sportarten dürfen russische Sportler starten

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Foto: afp

Thomas Bach und seine Herren der Ringe haben in der Olympia-Causa Russland die Verantwortung abgegeben – und nun steuert der internationale Sport offenbar geradewegs ins Chaos. Erste russische Ex-Doper wie die Schwimmerin Julija Jefimowa lehnen sich gegen ihren Bann auf. Bei den Fachverbänden scheint die Angst vor möglichen Schadenersatzklagen umzugehen. Der viel kritisierte Entscheid des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) könnte in den nächsten Tagen noch zu unabsehbaren Verwerfungen führen.

Die in ihrer Heimat äußerst populäre Weltmeisterin Jefimowa ist die erste, die gegen ihren Rio-Bann vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS zieht. Zwei Ruderer wollen ihr folgen. "Wir bereiten Jefimowas Klage vor, die sehr wahrscheinlich am 29. Juli vom CAS verhandelt wird", sagte ihr Anwalt Artjom Patsew der russischen Nachrichtenagentur "Tass".

Gatlin darf in Rio starten, Jefimowa nicht

Jefimowa, die an der University of South California trainiert, wurde schon zweimal des Dopings überführt und deswegen nun als Teil des Verzichts auf einen Komplettausschluss Russlands vom Schwimmweltverband Fina für Rio gesperrt. Das Pikante: Zum Beispiel der amerikanische Leichtahlet Justin Gatlin hat eine vergleichbare Vita, darf aber starten.

Jefimowa also hat auf dieser Grundlage wohl gute Aussichten. Und auch Whisteblowerin Julia Stepanowa äußerte in einem Interview mit der "BBC" schon die Vermutung, dass einst gedopte russische Athleten in Rio auftauchen werden. Zumal sich der CAS 2011 schon einmal dem IOC widersetzte und die sogenannte Osaka-Regel kassiert hat. Demnach darf es nach Ablauf einer Dopingsperre keinen weiteren Olympia-Bann mehr geben. Dies sei eine unzulässige Doppelbestrafung. In dem Kontext wird der Umgang mit Stepanowa noch seltsamer, sie genügte ja dem IOC zufolge den "ethischen Anforderungen" nicht.

Es herrschen offenbar große Sorgen vor Klagen

Es entwickelt sich aber parallel noch ein weiterer Brennpunkt. Nach Informationen der englischen Zeitung "Guardian" soll bei den 28 Fachverbänden, in deren Händen das olympische Schicksal der russischen Sportler liegt, eine Warnung vor "riesigen Schadenersatzklagen" angekommen sein. Zumindest ein internationaler Verband habe solch große Sorge vor einer Klage, dass er überlege, die im McLaren-Report über das russische Staatsdoping erwähnten Athleten durchzuwinken, und damit das IOC zu zwingen, über den Ausschluss zu verfügen.

Hintergrund des Aufbegehrens ist die Tatsache, dass es unter anderem über die Schuldfrage der im McLaren-Report aufgeführten Sportler bislang keinen gerichtlich belastbaren Entscheid gegeben habe. Einfach in dem Bericht genannt zu werden, bedeute ja nicht automatisch, eine verbotene Substanz genommen zu haben, diese Auffassung vertritt laut "Guardian" der respektierte Sportrechtsanwalt Mike Morgan. Und wenn nun deren Unschuld in einigen Monaten festgestellt würde, seien irreparable Schäden entstanden, fügte Morgan hinzu.

Die Rechnung des IOC scheint nicht aufzugehen

Eigentlich, so behauptete es jedenfalls die renommierte englische Zeitung "The Times", sei ja per Abmachung alles geregelt gewesen zwischen dem IOC und Russland. Die Russen opfern einige frühere Doper, dafür verzichtet das IOC auf die komplette Aussperrung des Riesenreichs. Doch diese Rechnung scheint nicht aufzugehen.

(jado/sid)
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