Radsport Van Avermaet sprintet zu Olympia-Gold im Straßrennen

Rio de Janeiro · Greg van Avermaet hat in einem brutalen, ja chaotischen Rennen als erster Belgier seit 64 Jahren das Straßenrennen bei den Olympischen Spielen gewonnen.

 Greg Van Avermaet profitierte auch von einem Sturz der Konkurrenz.

Greg Van Avermaet profitierte auch von einem Sturz der Konkurrenz.

Foto: dpa, ss

Der 31-Jährige aus Lokeren setzte sich nach 237,5 km mit zahlreichen Stürzen auch prominenter Fahrer in 6:10:05 Stunden im Sprint vor dem Dänen Jakob Fuglsang durch. Bronze ging an Rafal Majka aus Polen.

"Das ist der schönste Tag in meinem Leben", sagte van Avermaet. Letzter und bisher einziger Olympiasieger für das nach Radsport verrückte Belgien war André Noyelle 1952 in Helsinki.

Van Avermaet profitierte auch von einem Sturz 12 km vor dem Ziel: Auf der Abfahrt von der Vista Chinesa kamen Vincenzo Nibali (Italien), Tour-Sieger von 2014, und Sergio Henao (Kolumbien) zu Fall, die mit Majka vorne gelegen waren. Auch Klassefahrer wie der Brite Geraint Thomas oder Richie Porte aus Australien landeten im Graben, Tour-Sieger Christopher Froome (Großbritannien) spielte keine große Rolle.

Als letzter deutscher Trumpf blieb Youngster Emanuel Buchmann (Ravensburg), der den Favoriten am Ende nicht mehr folgen konnte, aber achtbarer 14. wurde. "Die Strecke war extrem schwer, mit dem Ergebnis kann ich zufrieden sein, viel mehr war nicht drin", sagte er.

Simon Geschke suchte sein Heil in einer Fluchtgruppe, hatte aber mit dem Ausgang nichts zu tun. "Ich bin zufrieden, es war meine einzige Chance und einen Versuch wert", sagte der Berliner. Wie Geschke stiegen Tony Martin und Bahnsprinter Maximilian Levy vorzeitig vom Rad.

Die Streckenführung vor malerischer Kulisse vorbei an Urwald, Traumstränden und glitzerndem Meer, aber auch entlang einfacher Häuschen glich einer Bergetappe bei der Tour mit Passagen aus Frühjahrsklassikern. Aus diesen Gründen waren Top-Sprinter wie Marcel Kittel oder André Greipel nicht dabei.

"Es war ein brutales Ausscheidungsrennen", sagte Geschke, "noch schwerer geht nicht, der Kurs war am Limit, aber nicht zu brutal." Geschke hatte van Avermaet - wie auch Buchmann - nicht auf der Rechnung, "aber das ist kein Glücksgewinner", sagte er über den Tour-Etappensieger, der in diesem Jahr mehrere Tage in Gelb fuhr.

Schon beim ersten von zwei knüppelharten Aufstiegen zur Vista Chinesa mit einer maximalen Steigung von 20 Prozent flog das verbliebene Peloton regelrecht auseinander. Um die Ausreißergruppe mit Geschke, die sich bereits nach wenigen Kilometern gebildet hatte, war es da geschehen. Animiert hatte das Rennen zuerst die deutsche Mannschaft um Zeitfahr-Spezialist Martin.

Im Feld hatte Großbritannien für Froome den Großteil der Nachführarbeit übernommen, doch wie erwartet wurde das Rennen schon weit vor dem Ziel unberechenbar. Hitze und Kurs forderten Tribut. Der kurze Kopfsteinpflasterabschnitt, den BDR-Coach Jan Schaffrath mit denen aus der Flandern-Rundfahrt verglich, führte immer wieder zu Rissen im Peloton.

Dazu kamen die ebenso zehrenden Anstiege auf den vier Runden über den Zeitfahrkurs vom kommenden Mittwoch und reihenweise technische Defekte. Martin stieg nach 120 km mit Rücksicht auf seine Paradedisziplin aus. Bahnradsprinter Levy beendete seinen ungewöhnlichen Auftritt nach 33 km. Der Berliner wurde für sein "aufregendes" Abenteuer nominiert, um ihm einen Start in den Einzeldisziplinen auf der Bahn zu ermöglichen.

(sid)
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