Verdacht auf Stimmenkauf OK-Chef der Sommerspiele in Rio festgenommen

Rio de Janeiro · Das Erbe der Olympischen Spiele in Rio 2016 ist nicht gerade positiv. Nun scheint sich auch noch der Verdacht zu erhärten, dass die Spiele gekauft waren. Die Polizei greift ohne Rücksicht auf Namen durch.

 Carlos Arthur Nuzman mit IOC-Präsident Thomas Bach (Archivbild).

Carlos Arthur Nuzman mit IOC-Präsident Thomas Bach (Archivbild).

Foto: ap, Felipe Dana

Der eine kam im dunklen Anzug, der andere im legeren Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln: Als am Donnerstag gegen 9 Uhr Ortszeit Carlos Arthur Nuzman, Chef des Olympia-Organisationskomitees von Rio de Janeiro, und Leonardo Gryner, sein rechter Arm im OK, zur vorläufigen Festnahme das Polizeigebäude betraten, glichen sich nur die verschlossenen Mienen. Und der gemeinsame Vorwurf, beim Kauf von Stimmen für die Vergabe der Sommerspiele 2016 in die brasilianischen Metropole kräftiger als zunächst zugegeben mitgemischt zu haben.

Teil zwei der Operation "Unfair Play" fand auf den Tag genau einen Monat nach der ersten Razzia im Haus von Nuzman im luxuriösen Stadtteil Leblon statt. Damals schwieg der 75-Jährige noch beharrlich bei seinem Verhör, agierte danach aber umso hektischer. Flugs deklarierte Nuzman 16 bei einer ausländischen Bank deponierte Goldbarren in seiner Steuererklärung nach.

In seiner Begründung für den nun ausgestellten Haftbefehl spricht der zuständige Richter, Marcelo da Costa Bretas, deshalb von "einer Behinderung der Untersuchung von Verschleierung des persönlichen Vermögens". Zudem habe man bei der Razzia Beweise gefunden, dass Nuzman den Großteil seiner Rechnungen bar bezahle, was laut Bretas den Verdacht auf Geldwäsche erhärte.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht aber vor allem die Zahlung von mindestens zwei Millionen Dollar an den senegalesischen Unternehmer Papa Massata Diack wenige Tage vor der Vergabe der 31. Olympischen Sommerspiele im Oktober 2009. Der Sohn von Lamine Diack, dem damals als Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes stimmberechtigten Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), soll mit dem Geld weitere Afrikaner auf die Seite Rios gezogen haben.

Die Zahlung erfolgte auf Geheiß von Sergio Cabral, zu jener Zeit Ministerpräsident des Bundeslandes Rio, seit November 2016 wegen Korruption selber in Haft. Und lief über ein Offshore-Konto des Groß-Unternehmers Arthur Soares, der Cabral wegen der Bevorzugung bei staatlichen Aufträgen Schmiergelder schuldete. "König Arthur", wie er in Rio wegen seines Einflusses in höchsten politischen Kreisen nur genannt wird, ist seit einem Monat auf der Flucht.

Ein bei der ersten Razzia sichergestellter E-Mail-Verkehr vor allem zwischen Gryner, einst Kommunikations-Chef im Bewerbungskomitee und danach OK-Generaldirektor, sowie Diack, der sich über die Verzögerung der Überweisungen beschwerte, hat nun den Verdacht erhärtet, dass Nuzman beim Stimmenkauf als entscheidender Vermittler fungierte.

Der Skandal könnte sich sogar noch ausweiten, denn laut Rodrigo Timoteo von der Bundesstaatsanwaltschaft ist es nicht bei den zwei Millionen Dollar geblieben. "E-Mails beweisen, dass Diack weitere Summen verlangt habe, die auch überwiesen wurden. Und zwar auf Konten im Senegal und in Moskau. Dies zeigt auch, dass andere Personen Zahlungen erhalten haben", erklärte der Ermittler, ohne Namen zu nennen.

Das Internationale Olympische Komitee reagierte in einer ersten Stellungnahme mit Vorsicht. Man habe "die brasilianischen Behörden um vollständige Informationen gebeten, um die eigenen Untersuchungen fortzusetzen". Ferner sagte das IOC seine volle Unterstützung zu. Weiter kommentieren wolle man die Vorgänge nicht.

Nuzman, seit 22 Jahren auch Präsident des brasilianischen NOK, ist seit 2013 IOC-Ehrenmitglied. Da sein Reisepass aber im Zuge der Ermittlungen eingezogen worden war, konnte er Mitte September nicht am IOC-Kongress in Peru teilnehmen. Am Rande der Veranstaltung wollte der OK-Chef das IOC erneut um Finanzhilfe für Schulden des Comite Rio 2016 in Höhe von rund 35 Millionen Euro bitten.

(dpa)
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