Abschlussfeier in Rio Kanute Brendel trägt am Sonntag die deutsche Fahne

Rio de Janeiro · Belohnung für den Kanu-König: Doppel-Olympiasieger Sebastian Brendel wird am Sonntag bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele von Rio de Janeiro die deutsche Fahne tragen und das Olympiateam ins Maracana-Stadion führen.

 Sebastian Brendel hat in Rio die zweite und dritte Goldmedaille seiner Karriere gewonnen.

Sebastian Brendel hat in Rio die zweite und dritte Goldmedaille seiner Karriere gewonnen.

Foto: ap, DC

Brendel wusste gar nicht, wie ihm geschah, als er von der großen Ehre erfuhr: "Ich freue mich sehr. Das ist der Wahnsinn, unbeschreiblich. Davon träumt jeder Sportler. Die deutsche Mannschaft anzuführen, ist der Wahnsinn!"

Die Begründung der Mannschaftsleitung, die die Entscheidung traf, war so simpel wie einleuchtend. "Er ist Doppel-Olympiasieger dieser Spiele und ein Vorbild für alles, was den Sport ausmacht", sagte der deutsche Chef de Mission Michael Vesper am Samstagmorgen im Deutschen Haus.

Wenige Minuten vorher hatte Brendel auf der Lagoa Rodrigo de Freitas mit seinem Potsdamer Klubkollegen Jan Vandrey im Canadier-Zweier seine Gold-Mission von Rio gekrönt. Schon im Einer war er Olympiasieger geworden - wie in London vor vier Jahren.

Und das muss noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Dass Brendel bald mehr Zeit für seine Romy und die Kinder Hanna und Edwin hat, ist unwahrscheinlich. Von einem Abschied, den er nach seinem ersten Coup in Rio de Janeiro angedeutet hatte, wollte der 28-Jährige schon vor seiner zweiten Gold-Fahrt nichts mehr wissen. Im Gegenteil: Brendel will bis zu den Sommerspielen 2020 in Tokio weitermachen.

"Man muss schauen, was der Körper, die Familie und die Motivation sagen, aber mein Ziel ist es schon, bis Tokio weiterzumachen", sagte Brendel dem SID. Der Deutsche Kanu-Verband (DKV) wäre glücklich, seinen Vorzeigeathleten noch lange zu behalten. "Er ist der perfekte Sportler und Mensch", sagte Verbandspräsident Thomas Konietzko: "Wir werden versuchen, Sebastian zu überzeugen, noch vier Jahre weiterzumachen." Großer Überredungskunst bedarf es wohl nicht mehr.

Bundespolizist Brendel, der in seiner Jugend auch Fußball gespielt und Karate betrieben hat, hat die Sportart in den vergangenen Jahren durch 18 Goldmedaillen bei Großereignissen geprägt. Er ist dabei stets bescheiden geblieben und hatte auch in den Stunden seiner größten Erfolge immer die Zukunft des deutschen Sports im Blick. "Es werden immer weniger Medaillen, weil in vielen Sportarten der Nachwuchs fehlt. Da muss sich der DOSB Gedanken machen, wie man das ändern kann. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden", sagte er nach seiner famosen ersten Goldfahrt am Zuckerhut.

Brendel hat immer über den Tellerrand hinausgeblickt und sich dabei kritisch mit den vorhandenen Strukturen auseinander gesetzt. "Wenn es so weitergeht, ist Kanu in acht Jahren nicht mehr olympisch", sagte er kurz vor seinem Start in Rio in einem FAZ-Interview. Das mangelnde Interesse der Öffentlichkeit am Kanusport außerhalb von Olympischen Spielen sei in erster Linie den Wettkampfformaten geschuldet.

In den bestehenden Formaten hat sich Brendel trotz einiger Rückschläge durchgesetzt. Bei den Sommerspielen 2008 wurde ihm noch Andreas Dittmer vorgezogen, bei der WM 2011 im ungarischen Szeged brach nach wenigen Schlägen im Vorlauf ein Paddel.

Doch Brendel hat sich nie unterkriegen lassen. Dieser Kampf, "Mann gegen Mann auf 1000 Metern", sagt er, "das ist faszinierend". Brendel hat ihn meist gewonnen. Am Sonntag erhält er im legendären Maracana nicht nur dafür den ganz besonderen Lohn.

(sid)
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