"Diese Medaille ist für dich" Bolt widmet Müller-Wohlfahrt sein Olympia-Gold

Rio de Janeiro/Düsseldorf · Der schnellste Mann der Welt hat sich nach seinem dritten Triumph über 100 Meter bei Olympischen Spielen demütig gezeigt und sich bei seinem deutschen Arzt bedankt. Usain Bolt widmete seine Goldmedaille Doktor Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Wie schon vor vier Jahren in London.

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Foto: dpa, mr

"Er hat sie verdient. Er hat mich durch die Jahre gebracht. Die ganzen Zipperlein und Wehwehchen. Er hat mich wieder auf die Füße gestellt. Ich danke ihm unendlich. Diese Medaille ist für dich!", sagte der Jamaikaner in der ARD nach seinem Erfolg im Olympiastadion von Rio de Janeiro.

Bolt hatte im Vorfeld von Olympia der deutschen Nationalmannschaft bei der EM einen überraschenden Besuch abgestattet. Der Superstar reiste jedoch nicht in seiner Funktion als Fußballfan ins DFB-Quartier nach Evian. Es war auch nicht das obligatorische Selfie mit Lukas Podolski, das ihn nach Frankreich lockte. Eine Zerrung im rechten Oberschenkel zwang den 29-Jährigen zu der Reise. Der Jamaikaner wollte unbedingt vom deutschen Arzt mit der wallenden Mähne behandelt werden. Kurz vor Beginn der Spiele in Rio ließ Bolt den Münchner Mediziner sogar nach Brasilien einfliegen, wieder machte der rechte Oberschenkel Probleme, wieder konnte Müller-Wohlfahrt helfen.

Müller-Wohlfahrt verbrachte so seinen 74. Geburtstag am Freitag an der Copacabana, laut Bolt war der so sehr gelobte Arzt auch bei Bolts Finalsieg in 9,81 Sekunden im Stadion, erlebte den Triumph seines Patienten hautnah mit. Schon vor vier Jahren in London hatte sich Bolt nach der Ehrenrunde bei Müller-Wohlfahrt bedankt. "Er ist der beste Arzt auf der Welt. Ein Stück dieser Medaille geht auch nach Deutschland", hatte der Leichtathlet damals gesagt.

Der Arzt, dem die Stars vertrauen

Der schnellste Sprinter der Welt schwärmt regelrecht für den Mann, der von den internationalen Sport-Stars wahlweise nur "Doc" oder "Mull" genannt wird. Von 1977 bis 2015 war er offiziell für die Gesundheit der Akteure des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern zuständig, zudem betreut er seit 1996 auch die deutsche Nationalmannschaft. doch immer wieder finden sich auch Sportler aus der ganzen Welt in seiner orthopädischen Praxis in München zur Behandlung beim populären Sportmediziner ein.

Sowohl vor dem WM-Eröffnungsspiel 2006, als auch vor dem EM-Endspiel 2008 bangten die deutschen Fußball-Fans um den Einsatz von Michael Ballack und dessen "Wade der Nation". 2006 schaffte es Müller-Wohfahrt, den Kapitän der DFB-Elf rechtzeitig zum Match gegen Costa Rica fit zu bekommen, doch Bundestrainer Jürgen Klinsmann entschied sich gegen Ballacks Einsatz, 2008 gewann Müller-Wohlfahrt den Wettlauf gegen die Zeit und Ballack spielte gegen Spanien.

Ex-Bayern-Profi Mehmet Scholl schildert in seiner Kino-Dokumentation "Frei:Gespielt — Mehmet Scholl: Über das Spiel hinaus" (auf DVD erhältlich) eindrücklich Müller-Wohlfahrts Fähigkeiten. Am Abend vor dem Champions-League-Endspiel 2001 gegen den FC Valencia wollte der Mittelfeldspieler den damaligen Trainer Ottmar Hitzfeld im Hotelzimmer aufsuchen und ihm sagen, dass er gegen die Spanier aufgrund von Schmerzen, hervorgerufen durch etwaige Bänderverletzungen in Sprunggelenk und Knie, nicht auflaufen könne.

Doch er traf nach eigener Aussage den "Doc" auf dem Hotel-Flur und der sorgte dann doch noch dafür, dass Scholl am kommenden Abend in der Startformation stand. Nachdem der Mittelfeldspieler ihm von seinen Problemen erzählt hatte, sagte Müller-Wohlfahrt laut Scholl damals: "Ich kann dafür sorgen, dass du morgen schmerzfrei spielen kannst." Und er hielt Wort — Scholl lief auf und verspürte während der Partie keinerlei Beeinträchtigungen.

"Wunderheilungen" beim FC Bayern

Auch zwei andere Ex-Profis der Bayern können von derlei Wunderheilungen berichten. Jens Jeremies und Giovane Elber unterzogen sich in der gleichen Spielzeit jeweils Knie-Operationen und liefen gemeinsam zwölf Tage später im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid wieder auf. Die drei Treffer in den siegreichen Duellen mit Real (1:0, 2:1) gingen allesamt auf die Konten des brasilianischen Ballzauberers und des deutschen Mittelfeldzerstörers. Elber, der regelmäßig für kreative Torjubel sorgte, küsste damals nach einem seiner Treffer sein Knie. Ein Gruß an Professor Dr. Hertel, der das Gelenk in Berlin operiert hatte. Und an Müller-Wohlfahrt, der nach der OP in München für den optimalen Heilungsverlauf gesorgt hatte.

Jeremies musste seinen Einsatz damals teuer bezahlen. Schon im Finale fiel der Kämpfer aufgrund von anhaltenden Knieschmerzen, wahrscheinlich hervorgerufen durch die zu frühe Belastung in den Partien gegen Real, aus, spielte noch fünf Jahre bei den Bayern, konnte aber nie mehr an seine alte Leistungsstärke anknüpfen. Der FC Bayern gewann aber das Finale im Mailänder Guiseppe-Meazza-Stadion schließlich im Elfmeterschießen — mit Scholl und Elber.

Nun hat Müller-Wohlfahrt mit Bolts Olympiasieg und der anschließenden Huldigung in aller Öffentlichkeit ein weiteres Kapitel seiner Erfolgsgeschichte hinzugefügt.

(can)
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