Kolumne: Gegenpressing Olympia in Deutschland - ein ferner Traum

Düsseldorf · Berlin und Hamburg haben bis Ende kommender Woche Zeit, einen Fragenkatalog zu beantworten und damit ihr Interesse an den Sommerspielen 2024 und 2028 zu bekunden. In der Vergangenheit konnten deutsche Bewerbungen nicht überzeugen.

 RP-Redakteur Martin Beils.

RP-Redakteur Martin Beils.

Foto: Phil Ninh

Neulich in Oberbayern. Die Berge im Blick bei der Radtour rund um den Chiemsee. Toll war's. Und dann das erhabene Gefühl unter dem Zeltdach im ehrwürdigen Münchner Olympiastadion. Was wären das für tolle Austragungsstätten für die Olympischen Winterspiele 2022 gewesen!

Doch so weit kommt es ja nicht. Die Bevölkerung wollte die Spiele nicht. Die Bewerbung war gescheitert, bevor sie in Gang gekommen war. Ein Jammer! Denn die Chancen im internationalen Vergleich wären erstklassig gewesen. Nur die seltsam unentschlossenen Norweger mit Oslo, Almaty in Kasachstan und Peking sind noch im Rennen. Dass die Bayern den gigantomanischen Spielen von Sotschi etwas Gemütlicheres entgegenzusetzen gehabt hätten, steht außer Zweifel.

In diesen Tagen beschäftigen sich Berlin und Hamburg intensiv mit Anläufen für 2024 und 2028 - für den Sommer natürlich. Bis Ende der kommenden Woche müssen sie einen Fragenkatalog beantworten und beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) einreichen. Der wiederum entscheidet am Nikolaustag, ob er mit einer der beiden größten deutschen Städte ins Rennen geht. Oder ob er sich aus Furcht vor einer neuerlichen Blamage lieber ein Weilchen zurückhält. Zur Erinnerung: Für die allesamt deutlich gescheiterten Kampagnen Berlin 2000, Leipzig 2012 und München 2018 gab es reichlich Kritik.

Auch die beiden aktuellen Interessenten muss man nicht als Topfavoriten im internationalen Wettbewerb auf der Liste haben. Nach einer frischen Umfrage tragen nur 52 Prozent der Berliner eine Bewerbung. Mit sich selbst, ihren Schulden und dem Flughafen haben die Hauptstädter schon mehr als genug zu tun. Und gerade der Rückhalt der Bevölkerung ist ein wichtiger Punkt im internationalen Wettbewerb. Gegen Hamburg spricht neben dem eine andere Zahl: 1,75 Millionen. Mit ihrer Einwohnerzahl ist die Hansestadt ein Dorf im Vergleich zu den jüngsten Gastgebern Peking und London und zu den künftigen Rio de Janeiro und Tokio. Aber das Internationale Olympischen Komitee, so wird es jedenfalls verbreitet, strebt ja nach Spielen in kleinerem Maßstab. Aber in einer sooo kleinen Stadt? Da müsste sich die Meinung im IOC schon mächtig wandeln.

Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und vielleicht ergibt sich bei der Entscheidung wieder eine Konstellation wie bei der Vergabe der Sommerspiele 2020, zu der nur Problemkandidaten antraten: das unruhige Istanbul, das wirtschaftlich malade Madrid und Fukushimas Nachbar Tokio.

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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