Rio-Start gefährdet Bolt muss endlich liefern

Usain Bolt muss beim Diamond-League-Meeting in London am Freitag den für einen Rio-Start geforderten Leistungsnachweis erbringen. Ein Scheitern des Superstars wäre für die Leichtathletik und Olympia der Super-GAU.

Olympische Spiele 2016: Die internationalen Stars der Sommerspiele
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Die internationalen Stars der Sommerspiele

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Foto: dpa, jb_nic_mcw hpl

Der schnellste Mann der Welt ließ Oberschenkel einfach Oberschenkel sein und drehte gewaltig am Party-Rad: Usain Bolt packte sich Football-Star Odell Beckham Jr. und Bayern-Ass David Alaba - nicht nur modisch auffällig ging das Trio in München auf die Rolle. Dabei hatte Bolts Aufenthalt in Bayerns Landeshauptstadt einen ernsten Grund. Vertrauens-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt sollte seinen olympischen Traum retten. Beim Diamond-League-Meeting in London am Freitag wird sich zeigen, ob die Sprint-Ikone sein Projekt Rio wie geplant angehen kann.

"Ich fühle mich gut, habe gut trainiert. Meinem Oberschenkel geht es gut, ich habe keine Probleme", sagte Bolt, der an der Stätte seiner drei Olympiasiege von 2012 einen Leistungsnachweis erbringen muss, um seinen Rio-Startplatz zu sichern. Einen Leistungsnachweis! Er! Der große Bolt! Der Außerirdische, dessen Leben seit Dienstag in einem Zeichentrickfilm mit dem Titel "The Boy that learned to fly" nacherzählt wird.

Natürlich ist der bald 30-Jährige noch immer die größte Nummer der Leichtathletik, wenn nicht so gar im Weltsport. Doch Bolt ist im Herbst seiner Karriere auch anfällig geworden. Zuletzt war er bei den jamaikanischen Olympia-Ausscheidungen wegen einer Oberschenkel-Verletzung vor dem Finale ausgestiegen, auf den 200-m-Start hatte er verzichtet. Danach gab es kaum eine Aussage des Superstars, was das Rätselraten noch anheizte.

Der nationale Verband hat Bolt zwar ins vorläufige Rio-Aufgebot berufen, ein Freifahrtschein ist das aber nicht: Bolt muss in London Wettkampf-Fähigkeit nachweisen, über die 200 m, die er in dieser Saison noch keinmal gelaufen ist. "Ich weiß, dass ich in guter Verfassung bin", sagte Bolt, der sich nach den Trials in die Hände Müller-Wohlfahrts begeben hatte - dieser hatte ihn schließlich im vergangenen Jahr in einer ähnlichen Situation wieder hinbekommen, und Bolt bei der WM 2015 noch drei Titel geholt.

Nun ist es nicht so, dass Jamaikas Verband JAAA nicht alle Hebel in Bewegung setzten würde, um Bolt in Rio dabei zu haben. Nur: Auch dem Verband sind Grenzen gesetzt. Athleten, die anders als Bolt die Norm erfüllt haben, könnten (sport-)gerichtlich gegen eine Ausbootung vorgehen. "Unser Wunsch ist aber, die besten Athleten dabei zu haben", sagte JAAA-Generalsekretär Garth Gayle.

Dabei wird Rio auch für einen fitten Bolt kein Selbstläufer. Sein großer Kontrahent Justin Gatlin hat schon mächtig vorgelegt und bei den US-Ausscheidungen Marken von 9,80 und 19,75 Sekunden gesetzt. "Usain lässt sich nicht in die Karten schauen, bis es so weit ist", sagt der Olympiasieger von 2004 und mehrfach überführte Doper. So war es auch im Vorjahr, als Gatlin mit den deutlich besseren Vorleistungen gegenüber seinem lange verletzten Rivalen zur WM nach Peking kam, damals aber krachende Niederlagen einstecken musste.

Sollte es in London nicht für Bolt klappen und in letzter Instanz das Olympia-Aus für den großen Meister stehen, wäre dies der Super-GAU: Für Rio und das IOC, denn Bolt ist zweifelsohne das größte Zugpferd der Spiele. Für die kriselnde Leichtathletik, denn Bolt ist immer noch die größte Nummer der olympischen Kerndisziplin. Für die TV-Stationen, denn ein 100-m- oder 200-m-Finale ohne Bolt ist nicht einmal die Hälfte wert. Und den Herzogenauracher Ausrüster Puma, der Millionen an Sponsoren-Geldern an Bolts und Jamaikas Verband zahlt. Am Freitag, so viel steht fest, werden nicht nur Sportfans in London mit und um Bolt zittern.

(sid)
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