Olympia-Tagebuch Freiwillige vor!

Rio de Janeiro · Volunteers haben es nicht einfach. Sie bekommen weder Unterkunft gestellt noch Geld überwiesen. Doch sie beschweren sich nicht. Ein beeindruckender Menschenschlag.

Olympia 2016: Die Wettkampfstätten in Rio de Janeiro
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Die Wettkampfstätten von Rio

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Foto: dpa, mr nic wok nic

Ein kleiner Hinweis an alle Olympia-Gucker daheim vor dem Fernseher: Wenn bei den Übertragungen Menschen in gelben Outfits zu sehen sind, dann sind das bestimmt in vielen Fällen brasilianische Fans. Aber in 50.000 Fällen ist das auch eine falsche Annahme, denn in 50.000 Fällen handelt es sich dieser Tage in Rio eben nicht um einen Menschen im Brasilien-Trikot, sondern um einen freiwilligen Helfer, hip und kurz "Volunteer" genannt. Die haben die Organisatoren ebenfalls in gelbe Oberteile gesteckt. Vielleicht, damit alle denken, sie seien brasilianische Fans.

Egal, ohne diese Volunteers aus aller Welt, da sind sich alle einig, liefe hier in Rio überhaupt nichts. Es fände niemand seinen Sitzplatz, keiner fände seinen Bus und viele nicht mal die Toilette. Es gibt Volunteers, die scannen Eintrittskarten, andere verteilen den ganzen Tag Wasserflaschen, und wieder andere spannen in Spielpausen Baldachine über Beachvolleyballer. Sie alle haben eines gemeinsam: einen bewundernswerten Idealismus. Denn Geld bekommen sie keins. Natürlich nicht. Sie zahlen für ihre freiwillige Arbeit sogar noch mächtig Geld drauf. Das hat mir Annika erzählt. Sie kommt aus Dänemark, ist Studentin und während der Spiele in einem Hostel an der Copacabana untergekommen - auf eigene Kosten, und das ist eben eine Menge Geld für eine Studentin. Vor allem für einen freiwilligen Job.

Ich sage ihr, dass ich es eine Frechheit finde, dass Olympia seinen Volunteers keine Unterkünfte stellt oder sie zumindest bezuschusst. Doch Annika sagt, das sei okay. "Ich habe vor den Spielen hier noch zwei Wochen Urlaub gemacht, und jetzt arbeite ich hier eben zwei Wochen. Ist doch cool." Außerdem habe sie doch Glück, sie habe es zum Beachvolleyball, ihrer Arbeitsstätte, nur ein paar hundert Meter weit. In ihrem Hostel wohne ein Volunteer, der sei in Deodoro eingesetzt, und der stehe jeden Morgen um fünf Uhr auf. Ich frage, ob sie denn wenigstens mal einen Tag frei hat, um sich die dänischen Handballer anzugucken? "Ich hoffe es", sagt sie. Sie mag doch sicher Handball, frage ich. "Hallo? Ich komme aus Dänemark, da mag jeder Handball", erwidert sie.

Wenn Olympia vorbei ist, fliegt Annika wieder zurück nach Kopenhagen. Mit Zwischenlandung in Marokko. Als ich sie mitleidig anschaue, weil ich an meinen Direktflug nach Frankfurt denke, sagt sie wieder: "Das ist schon okay. Hin bin ich von Kopenhagen über Madrid und Sao Paolo nach Rio geflogen. Das war nervig." Das finde ich auch. Und sie macht das alles freiwillig. Kaum zu glauben. Und kaum hoch genug zu wertschätzen.

(RP)
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