Wirtschafts-Experte warnt Olympia für Deutschland zu teuer

Berlin · Deutschland kann sich Olympische Spiele nicht erlauben. Zu dieser Erkenntnis kommt der renommierte Volkswirt Karl Brenke. Der Referent am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin rät beiden deutschen Kandidaten von einer Kandidatur ab.

Die bisherigen deutschen Olympia-Bewerbungen
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Foto: AFP, AFP

"Solche sportlichen Großereignisse sind immer mit hohen Kosten verbunden. Und man weiß aus den Erfahrungen der Vergangenheit, die wirtschaftlichen Effekte halten sich in Relation zu den Kosten in Grenzen", sagte Brenke und warnte: "Berlin sollte auf jeden Fall auf den Luxus verzichten, Hamburg sollte es sich sehr gut überlegen."

Brenke sieht vor allem in der Hauptstadt einen großen Investitionsstau. In Straßen, Schulen und Sporthallen müsste investiert werden. "Aber Olympia wäre dann zusätzlich. Das heißt, ich müsste neben den Investitionen, die ich ohnehin tätigen muss, zusätzliche Sportstätten errichten", sagte Brenke. Und das werde teuer.

Die vom Senat in einer ersten Prognose angegebenen Kostenhöhe von 2,4 Milliarden Euro hält Brenke nicht für realistisch. Man habe doch bei früheren Spielen die Erfahrung gemacht, "dass die ersten Kostenschätzungen weit unter dem lagen, was am Ende tatsächlich an Kosten angefallen sind", sagte der Experte für Konjunkturanalysen.

Binnenalster leuchtet für Olympia
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Auch bei dem gerne zitierten Positiv-Beispiel London 2012 mit einem angeblichen Gewinn von rund 40 Millionen Euro bleibt Brenke vorsichtig. Diese Rechnung beziehe sich nur auf kurzfristige Kosten, Aspekte wie Sicherheit oder Infrastruktur seien nicht berücksichtigt worden. "Unterm Strich hat London auch enorme Verluste gemacht. Das Problem ist, die Stadt selbst weiß gar nicht mal, wie groß die sind", sagte Brenke.

Die wirtschaftlichen Effekte, die eine Großveranstaltung erzielt, stellt der Referent in Frage. Natürlich sei es so, dass während der Spiele zeitweise Arbeitsplätze entstehen", sagte der Experte. "Letztendlich kann man auch sagen, wenn wir irgendwo Pyramiden bauen, damit wir neue Tourismusziele haben, entstehen auch Arbeitsplätze."

Auch den IOC-Bemühungen im Zuge der Agenda 2020, die zu kostengünstigeren Spielen verhelfen sollen, steht Brenke skeptisch gegenüber. "Wir sind ja noch immer in einer Situation, in der die Verhältnisse auf dem Kopf stehen", sagte der Ökonom aus der Hauptstadt. Nicht das IOC gehe auf die Austragungsorte zu und biete ihnen etwas an, sondern Austragungsorte konkurrieren miteinander um die Zustimmung des IOC. "Und in dieser Konkurrenz ist es natürlich so, dass man große Versprechungen seitens der Austragungsorte macht", sagte Brenke.

Erst wenn die Verhältnisse den Marktbedingungen angepasst würden und das IOC als todsicherer Großverdiener der Olympischen Spiele auf die Städte zugehe und ihnen Angebote für Investitionen machen würde, wären auch für die Städte zufriedenstellende Bedingungen erreicht: "Eigentlich müsste es so sein. dass das IOC auf die Austragungsorte zugeht und sagt: Wir finanzieren die Spiele weitgehend."

(sid)
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