Russland im Dopingsumpf Leichtathletik-Skandal belastet Olmypia-Bewerbung

Düsseldorf · Für Hamburgs Olympiapläne kommen die Korruptions- und Dopingenthüllungen aus der Leichtathletik zur ungünstigsten Zeit. Am 29. November steht das Referendum an.

Olympia 2024: Hamburger Bürger bilden Olympische Ringe
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Tausende Hamburger Bürger bilden Olympische Ringe

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Übermorgen stellt der Deutsche Leichtathletik-Verband das Organisationskomitee für die EM 2018 in Berlin vor. Olympiasieger Robert Harting und Verbandspräsident Clemens Prokop wollen für Vorfreude sorgen. Ein undankbarer Job. Denn nach den Korruptions- und Dopingvorwürfen, die den Weltverband (IAAF) und die Föderation Russlands erschüttern, steckt die Leichtathletik in den "schwersten Tagen ihrer Geschichte" (Prokop). Lamine Diack, der ehemalige Präsident der IAAF, soll 1,1 Millionen Euro Schmiergeld kassiert haben, um positive Dopingproben zu vertuschen. Russland droht der Ausschluss aus dem Weltverband und damit von Olympia 2016.

Russischer Dopingskandal: Pressestimmen
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Was bedeutet das für die Hamburger Olympiabewerbung?

Die Hamburger und Kieler stimmen bis zum 29. November darüber ab, ob sich die Hansestädte um die Sommerspiele 2024 bewerben. Schon durch die Fußballskandale rund um Fifa, Uefa und DFB hat das Image des Sports gelitten. Dass nun die Leichtathletik als Olympias wichtigste Sportart einen Skandal neuer Dimension produziert, macht die Sache für die Befürworter der Bewerbung schwieriger - zumal für die Spiele 7,4 Milliarden Euro Steuermittel eingeplant werden müssen. Eine Bürgerbefragung zu einer Bewerbung Münchens um die Winterspiele 2022 war gescheitert, weil zum Zeitpunkt der Abstimmung die von Gigantomanie geprägten Winterspiele in Sotschi und die Entscheidung für eine Fußball-WM 2022 in Katar die Diskussionen prägten.

Weitet sich der Leichtathletikskandal auf weitere Länder aus?

Davon ist auszugehen. Nach Kenia zum Beispiel. "Eine ganze Generation von Athleten aller Disziplinen könnte verloren gehen", befürchtet die kenianische Tageszeitung "Star" und kritisierte, das afrikanische Land sei im Kampf gegen Doping "zurückgefallen". In Kenia gelten insbesondere die Langstreckenläufer als Volkshelden.

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Auch nach Deutschland?

Kann sein. Bei herausragenden Leistungen schwingt immer ein Verdacht mit. Von flächendeckendem Doping in Deutschland ist aber nicht auszugehen. Der Leverkusener 800-Meter-Läufer Robin Schembera beklagt sich, dass die Ansprüche der Politik an deutsche Athleten und die Qualifikationsnormen für internationale Titelkämpfe zu hoch sind: "Wie zum Teufel sollen wir Normen erreichen, die an einer dopingverseuchten Spitze festgemacht werden?" Den Anspruch des für den Sport zuständigen Innenministers Thomas de Maizière ("Wir gehören in die Spitzengruppe der Nationenwertung") kommentiert er vor dem aktuellen Hintergrund: "In jener Nationenwertung, in welcher innerhalb unserer Sportart Russland und Kenia führend sind."

Sind andere Sportarten betroffen?

Mit Sicherheit. Der Deutsche Skiverband hat "natürlich schon die Sorge, dass davon nicht nur die Leichtathletik, sondern auch andere Sommer- und Wintersportarten betroffen sind". Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz sagt: "Was wir im Schwimmen bisher gesehen haben, reicht eigentlich, aber man muss leider davon ausgehen, dass es nur die Spitze des Eisbergs ist." Auch der Radsport, der mit der Bewerbung Düsseldorfs um den Tour-Start 2017 wieder an Ansehen gewinnt, ist nicht sauber. Im Wada-Bericht steht: "Russland ist nicht das einzige Land, und die Leichtathletik ist nicht die einzige Sportart, die das Problem orchestrierten Dopings hat." Gemeint ist systematisches, staatlich veranlasstes oder gedecktes Doping wie in der DDR.

Gibt es weitere zentrale Vorwürfe durch die Wada-Kommission?

Ein gewichtiger ist der, dass im Moskauer Antidopinglabor mehr als 1400 Proben beseitigt worden sein sollen. Das ist ein schwerer Schlag gegen die Integrität des Antidopingkampfs. Dass die bedeutende Sportnation Russland dermaßen im Fokus steht, macht das Problem zu einem globalen. Noch dazu, weil das Land sich als Ausrichter von Top-Events profiliert: Leichtathletik-WM 2013, Winter-Olympia 2014, Schwimm-WM 2015, Fußball-WM 2018.

Gibt es einen Gewinner?

Ja. Die ARD bzw. ihr Antidopingfachmann Hajo Seppelt hatten die Ermittlungen mit einer TV-Dokumentation ins Rollen gebracht. Der heutige IAAF-Präsident Sebastian Coe sprach damals von einer "Kriegserklärung an den Sport". Jetzt muss Coe zeigen, dass er seinen Sport reinigen kann.

(bei)
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