"Manipulative Züge" Professoren rebellieren gegen Hamburgs Olympiapläne

Hamburg · Hochrangige Hamburger Wissenschaftler haben die Olympiapläne der Hansestadt mit Blick auf das Referendum scharf kritisiert. DOSB-Präsident Alfons Hörmann sieht die Bürger dagegen ausreichend informiert.

Hamburg präsentiert Olympia-Konzept
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Manipulativ, riskant, unkalkulierbar: Hamburger Professoren rebellieren gegen die Olympiapläne der Hansestadt. Mit einem acht Thesen umfassenden Positionspapier gehen die Wissenschaftler auf Konfrontationskurs zu Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und warnen sechs Wochen vor dem Referendum am 29. November vor den Risiken der angestrebten Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024.

"Aus unserer fachlichen Sicht lassen die Olympia-BefürworterInnen aus Politik, Wirtschaft, Sportmarketing und Verbänden bislang wesentliche Konfliktpunkte unerwähnt oder unbeantwortet", heißt es in dem Schreiben, das unter anderem zwölf Professoren von vier Hamburger Hochschulen unterzeichnet haben und das im Internet (www.olympiakritik-aus-der-wissenschaft.de) einsehbar ist.

Die deutschen Olympia-Planer um DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Regierungschef Scholz, der die Gesamtkosten der Sommerspiele am vergangenen Donnerstag im Finanzreport des rot-grünen Senats auf 11,2 Milliarden Euro taxierte, hatten an der Elbe zuletzt kräftig die Werbetrommel für das Mega-Event gerührt. Bei zahlreichen Veranstaltungen wurde über das Konzept informiert und diskutiert.

"Mehr Klarheit braucht ein Bürger aus Hamburg nicht", sagte Hörmann der Wochenzeitung Die Zeit. Die Hamburger seien über Kosten und Konzepte für die Olympischen Spiele 2024 ausreichend informiert. "Olaf Scholz hat deutlich gesagt, was Hamburgs Beitrag zu den Kosten sein wird: 1,2 Milliarden. Damit haben die Bürger die personifizierte Verantwortung", sagte Hörmann.

Für die Wissenschaftler geht die Informationspolitik allerdings nicht weit genug. Ihre zentralen Kritikpunkte sind das aktuell durchgeführte Beteiligungsverfahren für die Bürger und das bevorstehende Referendum. Gar von "manipulativen Zügen" ist die Rede.

Hamburgs Olympia-Konkurrenten im Kurzporträt
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Hamburgs Olympia-Konkurrenten im Kurzporträt

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Foto: dpa, isl cv

"Aussagen pro Olympia stehen immer im Vordergrund ohne argumentative Abwägung. Die Fragestellung des Referendums ist tendenziös formuliert und setzt auf psychologische Antworteffekte, um möglichst viel Zustimmung zu erzeugen", heißt es. Deswegen fühle man sich der Hamburger Öffentlichkeit verpflichtet, im Vorfeld des Referendums "Informationen über die Risiken bei der Durchführung Olympischer Spiele in die Diskussion zu bringen".

In dem ausführlichen Positionspapier thematisieren die vier Verfasser zudem ein "unkalkulierbares finanzielles Risiko" und eine "soziale Verdrängung" und hinterfragen eine ökologische Nachhaltigkeit des Groß-Projekts. Wesentliche Konfliktpunkte der Bewerbung blieben in der öffentlichen Diskussion bislang unerwähnt. "Wir fordern den Senat und die Hamburgische Bürgerschaft als Initiatoren des Olympia-Referendums dazu auf, zu den genannten Risiken Stellung zu beziehen und damit den HamburgerInnen zu ermöglichen, ihre Entscheidung zur Olympiabewerbung sachgerecht abwägen zu können", schreiben die Verfasser.

Der Vorstoß der Professoren ist der erste heftige öffentliche Gegenwind für Hamburgs mögliche Olympia-Bewerbung, die am 29. November zur Wahl steht. Bei der Bürgerbefragung in der Hansestadt muss eine einfache Mehrheit für die Austragung der Spiele her, zudem müssen 20 Prozent aller Wahlberechtigten mit Ja stimmen - in Hamburg sind das etwa 260.000 von 1,3 Millionen Wahlberechtigten.

Werden die Zahlen nicht erreicht, muss der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die bereits eingereichte Bewerbung zurückziehen. Zuletzt war die Kampagne Münchens für die Winterspiele 2022 am Referendum gescheitert.

(sid)
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