Olympia in Sotschi ARD und ZDF feiern sich für TV-Spiele

Sotschi/Düsseldorf · Die besten Einschaltquoten seit Lillehammer 1994 sind nicht gleichbedeutend mit den besten Leistungen der Sender bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi.

Olympia 2018: Die TV-Teams von ARD und ZDF
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Die TV-Teams von ARD und ZDF

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Foto: ZDF/Jürgen Detmers

Es gibt eine betrübliche Nachricht für alle Freunde des wuscheligen Olympia-Maskottchens des Zweiten Deutschen Fernsehens. Der "Knuddelwolf Wotschi", wie es das ZDF auf seiner Internetseite betrübt beschreibt, ist erst frühestens im Mai wieder lieferbar — für schlappe 54,90 Euro aber natürlich ein echter Schnapper. Das Zweite ist offenbar nicht sonderlich verwundert über die große Nachfrage und den damit verbundenen Lieferengpass, denn, so heißt es weiter: "Er", also Wotschi, "hat die Herzen im Sturm erobert — nicht nur die der Athleten und Studiogäste, sondern vor allem auch die der Zuschauer!" Beim öffentlich-rechtlichen Sender war man froh, einen wie Wotschi zu haben, es galt schließlich im Wechsel mit den Kollegen von der ARD täglich rund 13 Stunden Live-Programm zu füllen.

Das Publikum hat durchgehalten. Die Winterspiele haben ARD und ZDF die höchste Sehbeteiligung, wie es die Deutsche Presse Agentur vermeldet, seit Lillehammer 1994 beschert. Das liegt auch daran, dass bis auf Turin 2006, alle anderen Spiele in für den europäischen Markt ungünstigen Zeitzonen lagen. Im Schnitt verfolgten 3,63 Millionen Zuschauer an den ZDF-Tagen die Übertragungen. Der durchschnittliche Marktanteil betrug 27,6 Prozent. Für das Erste, das gestern noch die drei letzten Wettbewerbe und die Abschlussfeier zeigte, werden ähnliche Werte erwartet. Die beste Quote: Der Goldlauf von Rodler Felix Loch im Einsitzer erreichte durchschnittlich 9,21 Millionen.

Die Einschaltquoten von ARD und ZDF
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Foto: dpa, tha nic ole nic

Beim ZDF ist man dementsprechend zufrieden mit sich selbst. "Es ist uns — im Schulterschluss mit den Kollegen der ARD — gelungen, die ganze olympische Vielfalt mit einem Qualitätsprogramm abzubilden", bekundet ZDF-Chefredakteur Peter Frey. "So haben wir in unseren Sendungen auch die politische Situation in Russland intensiv beleuchtet." Die Präsentatoren waren sich nicht ganz so sicher, wie man mit den dunklen Seiten des Lebens umgehen solle. Nach jedem Einspieler, in dem es um die Zerstörung der Umwelt, Kostenexplosion der Spiele oder die Verfolgung von Homosexuellen ging, wurde flugs noch erwähnt, jetzt ginge es dann aber auch wieder um was Schöneres, als ob man sein Gewissen erleichtern müsste. Die "taz" fragt: "Warum scheint es so, als schämten sich die ModeratorInnen fast für derlei Beiträge? Gerade das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist doch gefordert, auf Politisches zu verweisen — wenn schon das Internationale Olympische Komitee (IOC) nicht den Mut dazu hat. Auf jeden dieser Beiträge — die ja in sehr geringen Dosen, aber immerhin gezeigt werden — müssten die Sender doch stolz sein."

Homburg und Scharf überzeugen

ARD und ZDF haben auch bei diesen Spielen größtenteils auf die bekannten Gesichter in tragenden Rollen gesetzt — und die haben abgeliefert, was man von ihnen erwartet hat: solide Kost. Da gab es beim Ersten den immer betont lustigen Gerhard Delling, bei dem einem aber einfach etwas fehlte: Günter Netzer, mit dem er lange Zeit bei Fußball-Übertragungen gemeinsam wirkte. Leider nur in begrenztem Ausmaß durfte Alexander Bommes vor die Kamera. Er war für die Olympia-Nachrichten zuständig und tat das so lässig, dass man ihn gerne auch häufiger gesehen hätte. Gut auch die Auftritte von Valeska Homburg und Julia Scharf.

Das ZDF hat mit Rudi Cerne seinen Mann für viele Fälle gefunden. Cerne verstand es, mal locker, mal angemessen ernst durch das Programm zu führen — eine Bandbreite, die man sich bei Kathrin Müller-Hohenstein, genannt "KMH", oftmals wünschen würde. Betont unkritisch haben sich mal wieder vor allem die Experten in den verschiedenen Disziplinen gegeben. Kathi Wilhelm vermied es, ihre alten Kolleginnen allzu harsch anzugehen, und auch bei Ex-Langläufer Peter Schlickenrieder war die Welt noch rosig, wo es aus objektiver Sicht ziemlich düster wirkte. Das größte Ärgernis war auch bei diesen Spielen, dass die Sender gerne als live verkauft haben, was Stunden alt war. Spannende Wettkämpfe wurden unterbrochen, um zähe Vorberichte abzuspielen. Nach den Spielen ist vor der Fußball-WM — ARD und ZDF haben noch deutlich Luft nach oben.

(RP)
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