Begegnung mit Erich Kühnhackl Ein Kleiderschrank auf Kufen

Düsseldorf · 1994 in Lillehammer hat unser Autor eine ungewöhnliche Begegnung mit Eishockey-Legende Erich Kühnhackl. Die Wogen im Nachgang zu glätten, ist erklärter Wille. Doch es kommt letztlich nie dazu.

Erich Kühnhackl im Portrait
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Das ist Erich Kühnhackl

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Foto: dpa, udu vfd nic

Aus deutscher Sicht waren es die Spiele des Markus Wasmeier. In Lillehammer 1994 holte der Gaudibursch aus Schliersee nach, was er 1988 in Calgary versäumt hatte. Nach erfolgreichen Jahren im Weltcup hatte er zum Kreis der Medaillenkandidaten in den alpinen Wettbewerben gehört. Aber in Kanada ging er leer aus.

Zwei Olympiaden später hatte ihn kaum jemand mehr auf der Rechnung. Wasmeiers Karriere neigte sich dem Ende zu, er ging in Lillehammer nur noch als krasser Außenseiter an den Start. Und dann platzte ganz unverhofft doch noch der Knoten. Der gelernte Maler und Lackierer, Sohn eines Lüftlmalers, gewann Gold in Super-G und Riesenslalom. Seine große Laufbahn fand so doch noch ihre passende Krönung.

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In meiner persönlichen Erinnerung ragt jedoch der Auftritt des ehemaligen Eishockey-Nationalspielers Erich Kühnhackl, aus heutiger Sicht eine Legende, heraus. Er war als Nachwuchstrainer des Verbands in Lillehammer. Eines Abends stand um Mitternacht für einen Kollegen und mich vor dem deutschen Haus ein Shuttle-Bus für die Fahrt zu unserem Quartier bereit. Wir saßen bereits in dem Fahrzeug, als plötzlich mit großem Karacho die Tür aufgerissen wurde. Kühnhackl, der zwei Begleiter im Schlepptau hatte, nötigte den Fahrer mit Drohgebärden, ihn zunächst zu seinem Quartier zu bringen.

Als irgendwann einer seiner Begleiter ihn zur Mäßigung mahnte, bestand der Eishockey-Rentner auf seiner Forderung und antwortete ihm: "Wenn das dem Glatzkopf nicht gefällt, schmeißen wir ihn einfach raus." Er hielt mich wohl für einen Englisch sprechenden Zeitgenossen. Ich zog es vor, Ruhe zu bewahren und nicht zu reagieren, weil ich erkannte, dass ich gegen einen Hünen wie ihn, den man auch als Kleiderschrank auf Kufen bezeichnet hatte, nicht mal ein Unentschieden schaffen würde.

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Foto: rtr, tj

So irrten wir durch die Nacht, was mich dringend benötigten Schlaf kostete, weil Kühnhackl sein Quartier nicht fand. Das bewog mich tags darauf zu der Bemerkung am Ende einer Geschichte: "Wie will einer dem ihm anvertrauten Nachwuchs den Weg weisen, wenn er nicht einmal weiß, wo er wohnt."

Am Tag meiner Rückkehr in die Heimatredaktion klingelte das Telefon. Der Kleiderschrank meldete sich: "Wie kommen Sie dazu, vom Hörensagen so eine Geschichte über mich zu schreiben?" Ich erwiderte: "Herr Kühnhackl, die habe ich selbst erlebt. Ich war nämlich der Mann mit der Glatze." Schweigen - dann der kleinlaute Hinweis: "Ich bin aber kein schlechter Mensch, meine Eltern haben sich alle Mühe gegeben, mich zu einem anständigen Kerl zu erziehen." Ich dachte insgeheim, dass dem Bemühen nur mäßiger Erfolg beschieden war.

Schließlich machte er ein Friedensangebot: "Wenn wir uns mal wieder irgendwo treffen, dann trinken wir ein Bier unter Männern." Ich stimmte zu. Wir sind uns aber leider nie mehr begegnet. Schade, er ist ja jetzt auch schon 67 Jahre alt und ganz bestimmt gereift.

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(RP)
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