Kunstflug, Rockmusik und nebenbei Olympia Deutsches Rodler-Duo plötzlich Gold-Favorit

Pyeongchang · Toni Eggert und Sascha Benecken verbrachten Jahre im Schatten der nationalen Konkurrenz - in Pyeongchang sind sie plötzlich Top-Favoriten auf Gold im Doppelsitzer.

 Die Niederlage in Sotschi 2014 gab den beiden den nötigen Antrieb.

Die Niederlage in Sotschi 2014 gab den beiden den nötigen Antrieb.

Foto: ap, SCM

Der eine schwingt sich mit dem Propellerflugzeug in die Lüfte, der andere macht Rockmusik. Und ganz nebenbei sind Toni Eggert und Sascha Benecken vielleicht schon am Mittwoch Olympiasieger im Doppelsitzer. Obwohl sie sich gar nicht so fürs Rodeln interessieren. Zumindest in der Freizeit.

"Man bekommt doch einen Koller, wenn man von früh bis spät nur darüber nachdenkt, wie man den Berg am schnellsten runterrutscht", sagt Benecken vor dem größten Rennen seit vier Jahren in Pyeongchang: "Klar, wir sind ein verrücktes Team, Musik und Fliegerei, aber wir brauchen diesen Ausgleich."

Seit Kindertagen schon ist Eggert ein Flugzeug-Narr, machte irgendwann den Privat-Pilotenschein und hat mittlerweile den Kunstflug für sich entdeckt. Benecken schrieb schon mit seiner Schülerband den offiziellen Song für die Rodel-WM 2008, lag damit auf Rang 36 der deutschen Charts. Heute tritt er in der Thüringer Heimat allein mit seinen Songs auf.

Bleibt da noch Zeit für den Leistungssport? Offensichtlich schon. Acht Jahre lang sind die beiden schon ein Team, und die meiste Zeit standen sie im Schatten der Olympiasieger aus Bayern, im Schatten von Tobias Wendl und Tobias Arlt.

2014 in Sotschi gab es eine krachende Niederlage, Eggert/Benecken landeten auf Rang acht, alles schaute nur auf den erfolgreichen "Bayern-Express".

Diese Pleite wurde zum Antrieb. Der Schlitten musste besser werden, und das wurde er. Mit Thyssenkrupp vereinbarten Eggert und Benecken eine Kooperation, heute wird das Gerät "zu 90 Prozent" gemeinsam mit den Experten des Industriekonzerns gebaut, wie Eggert verrät.

Die Wachablösung begann im vergangenen Winter, an dessen Ende die Thüringer erstmals Weltmeister wurden. Und diese Saison wurde zur Machtdemonstration: Acht Weltcupsiege in neun Rennen - wer sind nochmal die Olympiasieger? So dominant treten Eggert und Benecken mittlerweile auf, dass die ganze Rodelwelt in Südkorea die Goldmedaille von ihnen erwartet.

Wendl und Arlt schwächeln dagegen immer wieder, stürzten zudem im Abschlusstraining, während die nationale Konkurrenz eine Bestzeit an die andere reihte. Allenfalls den Österreichern Peter Penz und Georg Fischler wird zugetraut, den Deutschen am Mittwoch (ab 20.20 Uhr Ortszeit/12.20 Uhr MEZ) Platz eins streitig zu machen.

Doch beide spielen das Ereignis Olympia so gut es geht herunter. "Die Welt würde sich auch ohne ein Podium weiterdrehen", sagt Eggert. Und Benecken will von ungewohntem Druck nichts wissen. "Wir waren schon die ganze Saison die Favoriten, es ändert sich doch nichts", sagt der 27-Jährige: "Nur, dass das Ding jetzt Olympia heißt." Auch da muss man ja bloß schnell den Berg runterrutschen.

(se)
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