Hauptsache nicht Letzter werden Die Exoten der Olympischen Winterspiele

Sotschi · Die Exoten sind die Publikumslieblinge jeder Olympischen Spiele. Sie kämpfen nicht um die vorderen Medaillenplätze, sondern um Überraschungserfolge und Sponsorenverträge.

Die Exoten der Olympischen Winterspiele
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Foto: ap

Den eher frühlingshaften Temperaturen an Sotschis Küste haben sich die Exoten-Sportler bei Olympia am schnellsten angepasst. Bereits beim Einlauf der Nationen fielen viele Paradiesvögel durch gewagte Outfits auf. Der einzige Starter der Cayman-Inseln, Dow Travers, verzichtete gleich ganz auf Winter-Parka und Mütze. "Bei der Eröffnungsfeier sollte man sein Land vertreten, und mir würde nichts Authentischeres einfallen als Shorts und Flip-Flops. Es wurde wirklich gut aufgenommen, und wir hatten Spaß", sagte der Skirennfahrer zur ungewöhnlichen Kleiderkombination.

Mit seinem Outfit hat er seinen größten Coup schon gelandet. Sportliche Überraschungen sind nicht zu erwarten, der höchste Berg der karibischen Steueroase misst 43 Meter. Travers ist im Slalom und Riesenslalom dabei und hat seine Olympia-Vorbereitung unter anderem im Rugby-Nationalteam der Cayman-Inseln bestritten. Andere Länder, andere Sitten. Bei den Vancouver-Spielen 2010 war der inzwischen 26-Jährige der erste Winter-Olympionike, der für den britischen Inselstaat an den Start ging.

Viele Exoten tummeln sich in vergleichsweise leicht zu erlernenden und weniger teuren Disziplinen wie Skilanglauf, so zum Beispiel Farzaneh Rezasoltani aus dem Iran. Ihr größtes Ziel am Donnerstag über 10 Kilometer klassisch ist wie für so viele Exoten, nicht auf dem letzten Platz zu landen. Unvergessen ist ihr Disziplinkollege aus Kenia: Philip Kimley Boit. Er war bei den Olympischen Winterspielen 1998 auf Platz 92 der schlechteste Teilnehmer. Der norwegische Olympiasieger Björn Dählie wartete geduldig, um Boit zu gratulieren, als der das Rennen endlich beendete. Boits Sohn heißt übrigens Dählie.

Olympia 2014: Alle Goldmedaillen-Gewinner von Sotschi
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Foto: afp, mlm/rc

"Cool Runnings" gehen wieder an den Start

Auch der Eiskanal hat auf Exoten eine besondere Wirkung. So gibt es in Krasnaja Poljana wieder einmal eine Bobmannschaft aus Jamaika. Erst Ende Januar konnten sich Winston Watts und Marvin Dixon qualifizieren, doch das Geld für die Reise nach Russland fehlte. Die Lösung: Die Bobfahrer wurden mit Tablets und Smartphones eines südkoreanischen Herstellers ausgestattet - prominent zu sehen bei der Eröffnungsfeier - und sind jetzt Teil einer Vermarktungskampagne. Die Sponsorengelder ermöglichten den Trip aus der Karibik ans Schwarze Meer.

Der Schlittensport scheint für Firmen besonders lukrativ zu sein. Südsee-Rodler Fuahea Semi aus Tonga wechselte für einen Sponsor gar seinen Namen. Als Einzelkämpfer Bruno Banani verhinderte der 26-Jährige mit sechs Sekunden Rückstand auf Olympia-Sieger Felix Loch immerhin den letzten Platz für das pazifische Inselkönigreich - und die Chemnitzer Unterwäschefirma. IOC-Präsident Thomas Bach nannte es eine "perverse Marketingidee".

Und da wäre auch noch Hubertus Prinz zu Hohenlohe. Als Nachkomme eines Adelsgeschlechts gründete der 55-Jährige den mexikanischen Skibund. Seit 1984 vertrat der auch als Fotograf und Sänger arbeitende Prinz sein Geburtsland bei den Olympischen Winterspielen in Sarajevo, Calgary, Albertville, Lillehammer und Vancouver — wo er im Slalom auf dem 78. Platz unter 82 Teilnehmern landete: Hauptsache nicht Letzter. In Sotschi ist er ältester Olympia-Teilnehmer. Diesmal will er im Riesenslalom für Furore sorgen - und zwar mit seinem Mariachi-Musiker-Kostüm. Es sei "elegant und originell" und passend für einen Mexikaner, "der gern Ski fährt und gut aussieht bei Nacht". Caramba!

(dpa)
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