Winterspiele in Sotschi Die Springerinnen landen bei Olympia

Sotschi · Erstmals starten auch die Frauen von der Schanze. Carina Vogt gehört zu den Medaillenkandidatinnen.

 Carina Vogt hat Chancen auf eine Medaille bei der Olympia-Premiere des Frauen-Skispringens.

Carina Vogt hat Chancen auf eine Medaille bei der Olympia-Premiere des Frauen-Skispringens.

Foto: afp, gb/jh

Carina Vogts Aussagen klingen wie Versatzstücke aus dem Kasten für Sportler-Blabla. "Ich freue mich unglaublich auf die Olympischen Spiele und bin sehr gespannt, wie das abläuft. Ich bin stolz und froh, Teil davon sein zu dürfen", sagt die 22-jährige Degenfelderin. Doch was sich so lapidar anhört, hat durchaus Bedeutung. Denn die Skispringerinnen gehören zum ersten Mal überhaupt zur viel besungenen olympischen Familie. Und Vogt zählt zu den Medaillenkandidatinnen.

Im Vorfeld der Spiele vor vier Jahren in Vancouver waren die Damen mit ihrem Drängen auf Aufnahme ins Programm noch gescheitert. Ein kanadisches Gericht wies nach zweitägigen Beratungen die Klage von 14 Skispringerinnen ab, die damit ihre Teilnahme erzwingen wollten. Die Sportlerinnen hatten das Organisationskomitee in Vancouver verklagt, da ihrer Meinung nach ihre Nicht-Teilnahme gegen das kanadische Anti-Diskriminierungsgesetz verstoße. Das Gericht argumentierte jedoch, dass nicht die lokalen Veranstalter, sondern lediglich das Internationale Olympische Komitee über die Sportarten bei Olympia entscheide. Aus "technischen Gründen" hatte das IOC zweimal die Aufnahme ins olympische Programm abgelehnt. Dem Sport fehle die breite Basis, die Leistungsunterschiede seien zu groß, hieß es damals.

In Sotschi gibt es jetzt nur noch eine Sportart, die nur den Männern vorbehalten ist: die Nordische Kombination. Es gibt nicht genügend Athletinnen, die sich auf den Zweikampf aus Skispringen und Langlauf einlassen.

Den Kampf um Gleichstellung mussten die Frauen gegen heftige Widerstände bestehen — ähnlich wie die Fußballerinnen. Legendär ist der Satz des Schweizers Gian-Franco Kasper. "Bei der Landung zerreißt es die Gebärmutter", hatte der Präsident des Skisport-Weltverbandes FIS Ende der 1990er Jahre gesagt.

"Wenn ich eine Tochter hätte, ich würde sie niemals springen lassen"

Alexander Arefiew, der Trainer der russischen Skispringer sagte kürzlich im Interview mit der Zeitung "Iswestija": "Ich muss zugeben, ich bin kein Freund des Frauen-Skispringens." Und weiter: "Wenn ich eine Tochter hätte, ich würde sie niemals springen lassen. Die Arbeit ist einfach zu hart. Frauen haben eine andere Bestimmung: Kinder kriegen, im Haus arbeiten, Herd und Heim in Ordnung halten."

Dabei hatte schon 1911 eine Frau an einem offiziellen Skisprungwettbewerb teilgenommen. Mit 22 Metern erreichte Gräfin Lambach aus Kitzbühel eine für damalige Verhältnisse beachtliche Weite. Nur vereinzelt tauchten im letzten Jahrhundert Skispringerinnen in den Männer-Ergebnislisten auf. In den 1970er-Jahren durfte die Norwegerin Anita Wold als Vorspringerin bei der Vierschanzentournee ihr Können zeigen. Sie war es auch, die 1976 im japanischen Sapporo mit 97,5 Metern einen inoffiziellen Damenweltrekord aufstellte. 1998 musste die FIS klein beigeben: Im schweizerischen St. Moritz gingen 17 Springerinnen aus sieben Nationen an den Start beim ersten offiziellen Damen-Skisprungwettbewerb.

Die Entscheidung bei den Frauen fällt in Sotschi wie bei den Männern: Gesprungen wird in zwei Durchgängen. Die Anforderungen an die Schanzen sind identisch zu denen der Männer, lediglich der Anlauf ist kürzer. Vor Sotschi fanden 13 Weltcup-Springen an sieben Schauplätzen statt, die Olympia-Generalprobe stieg am ersten Februar-Wochenende im österreichischen Hinzenbach. Für die Frauen war es erst die dritte Weltcup-Saison.

Sara und Sarah sind die Stars der Szene. Die Japanerin Sara Takanashi (17) wurde 2013 Vizeweltmeisterin und gewann den Gesamtweltcup. Die Amerikanerin Sarah Hendrickson (19) ist amtierende Weltmeisterin. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon (Südkorea) hat sich als Anhänger des Frauen-Skispringens zu erkennen gegeben. "Sie werden mich natürlich nicht auf der Spitze der Schanze sehen, aber ich werde diese Athletinnen unterstützen und ermutige die Frauen, hoch und weit zu springen", sagte Ban.

Im deutschen Team, das der frühere Springer Andreas Bauer betreut, genießt Gianina Ernst besondere Aufmerksamkeit. Mit erst 15 Jahren ist die Oberstdorferin das jüngste Mitglied der Mannschaft. "Ich habe das noch gar nicht so realisiert, dass ich bei Olympia dabei bin", sagt sie. Und jetzt muss sie auch noch um ihren Start bangen. Wegen einer fiebrigen Erkältung war sie gestern im Training nicht dabei.

(RP)
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