Eisschnelllauf 500-m-Silber für Jenny Wolf

Richmond (RPO). Jenny Wolf hat dem Druck nicht standgehalten und die angekündigte olympische Goldmedaille verpasst. Die 31 Jahre alte Berlinerin musste sich in einem Wimpernschlagfinale im 500-m-Rennen mit Silber hinter Sprint-Weltmeisterin Lee Sang-Hwa aus Südkorea abfinden. Damit blieb der Weltrekordlerin nach drei WM-Titeln in Folge und jahrelanger Dominanz auf der Sprintstrecke der Aufstieg zum Eisschnelllauf-Olymp versagt.

Olympia 2010: Wolf feiert Silber
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Wolf, die schon nach dem ersten Durchgang sechs Hundertstel hinter Lee gelegen hatte, konnte im zweiten Lauf nicht mehr kontern und lag am Ende fünf Hundertstel hinter der Südkoreanerin. Bronze gewann Wolfs vermeintlich größte Konkurrentin Wang Beixing aus China.

"Damit kann ich leben"

"Jetzt ist es eben Silber, aber damit kann ich leben", sagte sie anschließend nur ein wenig enttäuscht: "Jetzt habe ich meine Olympia-Medaille, die wollte ich immer haben, und es wird auch sicher die Zeit kommen, wo ich mich noch mehr darüber freue." Die fehlenden Hundertstel hatte sie im ersten Lauf verloren, "da habe ich ein bisschen neben mir gestanden. Im zweiten Lauf habe ich gezeigt, was ich draufhabe, aber insgesamt war ich leider ein bisschen zu langsam."

Wolf hat damit das 25. deutsche Eisschnelllauf-Gold der olympischen Geschichte und die 70. Medaille insgesamt verfehlt. Helga Haase (1960), Karin Enke (1980) und Christa Rothenburger (1984) bleiben die einzigen deutsche Sprint-Olympiasiegerinnen. Lee holte nach Mo Tae-Bum, der die 500 m bei den Männern gewann, bereits das zweite Gold für Südkorea.

Ehrgeizige Ziele

Wolf hatte schon Monate vor den Spielen in Vancouver eine unmissverständliche Gold-Prognose ("Ich müsste schon eine Menge falsch machen") abgegeben. Im ersten Durchgang war dann die ohnehin schon gewaltige Spannung vor dem Start noch einmal gestiegen. Im Lauf zuvor stürzte die Niederländerin Annette Gerritsen, Wolf und Lee mussten wegen der Eisreparatur minutenlang am Start verharren. Dann unterlief der Südkoreanerin auch noch ein Fehlstart. Die Disqualifikation nach einem zweiten Fehlstart hätte auch Wolf getroffen.

Doch die Nerven hielten, allerdings war Wolf auf den ersten 100 Metern nicht so dominant wie gewohnt. In 10,26 Sekunden nahm sie Lee nur acht Hundertstel ab, die Südkoreanerin holte ihre Gegenerin nach einem Klasselauf in der zweiten Kurve ein und ging mit sechs Hundertstel Vorsprung in die Entscheidung.

"Es lief eigentlich gar nicht so schlecht. Es ist noch alles drin. Jetzt muss ich halt die Innenkurve meines Lebens laufen", sagte Wolf zwischen den beiden Läufen - doch es reichte nicht. Noch bei der WM im Vorjahr an selber Stelle war Wolf von Platz zwei zu Gold gestürmt.

Tricks helfen nicht

Mit einem einfachen Kniff hatte sie versucht, das Lampenfieber vor dem großen Tag so klein wie möglich zu halten. "Ich darf mir nicht zu viele Gedanken machen, sonst fällt mir wieder ein, dass Olympische Spiele nur alle vier Jahre stattfinden", hatte Wolf gesagt: "Ich breche die Sache hier auf zwei 500-m-Rennen herunter, und diese Situation kenne ich dann wieder aus dem Effeff." Der Trick ging nicht ganz auf.

An der Eisqualität lag es nicht. Nach dem Zamboni-Chaos beim Sprint der Männer am Vortag spielten auch die Eismaschinen mit und sorgten für zufriedenstellende Bedingungen, die keine Läuferin benachteiligten. Bundestrainer Markus Eicher hielt vor den Rennen nach einem kritischen Blick auf die Bahn demonstrativ den Daumen nach oben.

Nachdem am Montag zeitweise alle drei Eismaschinen gleichzeitig gestreikt hatten, ließen die Organisatoren über Nacht zur Sicherheit noch eine Ersatzmaschine aus dem 1000 Kilometer entfernten Calgary nach Richmond bringen.

(SID/can)
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